We’re going up the country

Die letzte Woche haben wir eine sehr entspannte Zeit mit Asma Menon genossen. Asma, 2019 im Austausch für Stefan Schwarzer und mich in Halle, ist auch Künstlerin, tanzt auf jeder Hochzeit und kennt gefühlte 100.000 Leute aller Art. Um nicht zu sagen, sie hat das unabdingbare Etwas, was man zur perfekten indischen Diva benötigt. Junge Männer, vom Kellner bis zum Juniormanager, die sich in ihrer Nähe dusselig anstellen, lässt sie wortreich und pointiert stramm stehen. Kurz: Man kann mit Asma wirklich ausgelassen Spaß haben.

Künstlergrundstücke sehen weltweit irgendwie gleich aus

Zusammen mit „Mona, Darling“ wohnt Asma etwas auswärts von Tiruvannamalai.

Blick aus unserem Zimmer mit „Mona, Darling“

Auf diese Weise haben wir die Stadt mal ganz anders kennengelernt über die Leute, die uns Asma vorgestellt hat. Dabei haben wir u.a. in Erfahrung gebracht, dass Thiruvanammail über 54 offizielle Ashrams zählt, wo sich eine nicht unbeträchtliche Zahl von Amerikanern und Europäern emsig um ihr Seelenheil bemühen. Oder wie es Asma trocken ausdrückte auf meine Frage hin, was genau die Leute in einem Ashram eigentlich machen „I pray, You pay“ (Ich bete, Du zahlst.“)

Asma hat uns erstmal mit Weltliteratur versorgt. Eine Ausgabe der Mahabharata für Kinder und ihr neuestes Buch. Die Mahabharata ist ein gigantisches Epos, im Original 100.000 Doppelverse in Sanskrit (wie gesagt, wir hatten die Kinderversion auf knapp 300 Seiten). Mal ganz kurz gefasst vielleicht so zu beschreiben: Eine Mischung aus Nibelungenlied und Homers Kampf um Troja, liest sich zuweilen etwas wie das Telefonbuch, also sehr viele verschwippschwägerte Akteure nebst Brüdern, Schwestern, Frauen, Kindern, Enkeln und Urenkeln, diversen Göttern, Halbgöttern oder Inkarnationen, die sich durch Eitelkeit, Neid und Missgunst in einen Bruderkrieg verstricken, bei dem am Ende alles in Schutt und Asche liegt und wirklich jeder den Löffel abgegeben hat. Sehr fesselnd. Die Rezension zu Asmas Kurzgeschichtenband erscheint dann später hier in diesem Block….

Asma und eine ihrer ashramisierten Bekannten haben wir einen sehr schönen Ausflug zu verdanken zu zwei Sehenswürdigkeiten, die wir ohne sie niemals gefunden hätten.  Irgendwo in der ländlichen Umgebung haben wir zunächst eine Art Bassin besucht, ich würde es mal mit einem (europäisch) antiken oder mittelalterlichen Badehaus vergleichen, die geschätzte Erbauungszeit zwischen dem 16. und 17. Jahrhundert. Die Beschilderung war relativ spärlich, gab aber Auskunft, dass die umlaufenden Relieffriese allesamt Szenen aus der Mahabharata und der Ramayana zeigen (sollen) – also Weltliteratur bebildert. Das  Ramayana, ein weiteres indisches Epos, haben wir noch nicht gelesen und das Mahabharata ja nur in der Kinderversion.

Was soll ich sagen? Uns muss da inhaltlich bisher etwas entgangen sein…. Ich weiß nicht, ob man es auf den Fotos erkennen kann, aber die Friese bestanden im Wesentlichen aus aneinandergereihten Schlüpfrigkeiten ;), erotische Szenen, wie es so schön im Erklärschild hieß, wobei auch nichts ausgelassen wurde von Männlein mit Weiblein, Weiblein mit Weiblein etc. und diverse Hunde, Pferde und Esel kamen in der Geschichte auch mit vor.

Danach waren wir bei einer Steinfigur, die zum nationalen Kulturerbe zählt und auf ca. 1.400 vor Christus datiert wird. Man weiß nicht mehr, was die Figur zu bedeuten hatte. Wie immer, wenn man in der Archäologie nicht weiter weiß, wird also ein kultisch-religiöser Zweck vermutet. Dafür spricht, dass es wohl ringsherum einen Steinkreis gegeben haben soll.

Thomas und ich hätten uns von der Geste der Figur her auch gut vorstellen können, dass es sich um eine Art Grenzstein handelt, also eine Wächterfigur, mit der man den ungeliebten Nachbarn gehörig Respekt einjagen wollte. Im Gegenzug hat Asmas amerikanische Freundin, ganz auf dem matriarchalen Trip, Stein und Bein geschworen, dass es sich um eine weibliche Gottheit grauer Vorzeit handelt. Nun gut, wir werden es nie erfahren. 

Der immer noch verehrte Stein steht jedenfalls vollkommen abgelegen regelrecht in der Pampa zwischen Bananen- und Erdnussfeldern. Bei der Gelegenheit schoss Thomas dieses Pulitzer-Preis-verdächtige Bild.

Die Erdnuss-Bäuerin,
National Geographics 1981.

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