Was ich alles noch berichten wollte

Es ist ein beliebter Volkssport vieler Leute, sich draußen vorm Haus oder auf dem Balkon stundenlang die Zähne zu putzen und dabei dem Treiben vor der Haustür zuzugucken. Lustig.

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Im Prinzip findet man zwar überall kleine Tempel an der Straße, im Vergleich zum christlichen Kontext könnte man es wohl auch „Kapellen“ nennen, allerdings scheint es eine besondere Spezialität von Tamil Nadu, diese nicht als Gebäude oder Nischen sondern als Figurengruppen auszubilden. Manchmal sind sie sogar haushoch. Meine Lieblingsfigur, eine weiße Kuh, die irgendwo in der Landschaft etwas anbetet, ist wohl leider der neuen Autobahn zum Opfer gefallen. Sehr schade.

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Es gibt so großartige Fernsehprogramme hier, z. B. durchgehend Nachrichten. Ich verstehe zwar verbal nichts, aber man kann zwei Dinge gut erkennen: Wie kulturübergreifend Wichtigkeit durch mediale Bildstrategien erzeugt wird und die kulturell geprägte Variante, wie hier Glaubwürdigkeit vermittelt wird, zum Beispiel durch „Zeugschaft“. D.h. in der Regel sitzt dann ein berichtender Augenzeuge auf einem ausgedienten Ledersofa und spricht. Von ebenso großer Bedeutung sind die schweigenden Begleiter, welche als feste Inszenierungsbestandteile rechts und links neben den Zeugen mit auf´s Sofa gequetscht werden.

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Noch leichter zu verstehen sind die Familien-Soaps, weil alles Comic-mäßig mit einem Geräusch unterlegt ist. Zum Beispiel ein lautmalerisches, schepperndes „Bing“ oder „Going“ für den emotionalen Gesichtsausdruck „!?“. Da braucht man wirklich gar keinen Text mehr und die Schwiegermutter ist sowieso immer schuld.

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Sehr gerne schaue ich auch Werbung. Eine kulturvergleichende Kostprobe: Oma hat Rückenschmerzen. Enkel ist aus statistischen Gründen anwesend. Opa überrascht beide mit der neusten Schmerzsalbe. In einem deutschen Werbespot würde die sensationelle Wirksamkeit unterstrichen, indem Oma und Opa dann Tennis spielen. Und was machen Oma und Opa Indien? Sie fahren mit dem Moped eine sandige Schlaglochliste lang, reißen die Arme hoch und fühlen sich wieder jung! Super!

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Aber das allerbeste sind die reinen Musiksender mit alten Videos und Filmsequenzen in Dauerschleife. Geil!

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Ich habe mir ein schönes indisches Kleid gekauft. Aber irgendwie sehe ich darin aus wie ein bunter Sack.

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Exotische Gerichte

(Knochenloser Fisch mit Schiffen)

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3 Ladys im Bus

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Instagram, Tiktok und Co sind wohl nur für Indien erfunden worden. An jeder Ecke wird gepost und gepostet. Treffen sich 3 Jungs und ein Smartphone an der Kreuzung, wird gleich ein Fotoshooting veranstaltet, als wäre es ne Boyband. Und eitel sind die Bubies. So richtige Schönis. Nach der Hochzeit vollzieht sich dann eine wundersame Verwandlung. Bei den Vatis mit Schnauzbart kann man sich kaum noch vorstellen, dass die mal so niedliche Kerlchen waren. Aber die Mädels sind auch ganz gut mit sich selbst beschäftigt. Indien scheint ein einziger digitaler Heiratsmarkt.

Manche unserer Hotels dienen auch als Kulisse für das Hochzeitsfotoalbum. Da wird stundenlang alles aufgeboten wie im Bollywood Film. Und alle 10 Minuten haben die zukünftigen Brautleute andere Klamotten an und werden mit neuen, total kitschigen Dekorationsartikeln ausgestattet. Beeindruckend!

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Es gibt diese Momente, wo ich mir sehr gut ausmalen kann, dass die Laufbahn eines höheren britischen Verwaltungsbeamten in irgendeiner indischen Provinzhafenstadt eher einer Strafversetzung gleich kam oder wie es gottesfürchtige Missionare in Malaria verseuchten Ecken erbärmlich jung und jämmerlich dahingerafft hat. Schaurig.

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Kuh beim Einkaufen

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Es gibt hier eine putzige Vorliebe dafür, wichtige Persönlichkeiten in Form von golden angestrichenen Pappmaché Statuen aufzustellen, Gandhi zum Beispiel. Das wäre glatt ein Thema für ein eigenes Kunstprojekt.

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Nirgends habe ich so fette Hunde gesehen wie in Agonda Beach.

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Ich bin kein ausgewiesener Kuchenzahn, aber schon aus Prinzip versuche ich mich an den ortsüblichen Naschereien aller Art – wenn ich sie denn als solche erkenne. Manches Naschwerk gleicht kleinen Kunstwerken, aber die Geschmacksrichtungen bleiben rätselhaft. Anderes sieht banal aus, ist aber verblüffend lecker. Nicht alles ist hochpotenzierter Zucker.

Die drei seltsamsten Dinger waren: Mürbeteig-Teilchen in der geballten Geschmacksrichtung Butterschmalz. In einem rein indischen 5 Sterne Hotel ohne europäische Konzessionen gibt es mit Blattgold dekorierte Schnittchen 1 x 1 x 2 cm groß, Konsistenz und Aussehen lassen Marzipan vermuten, aber die Geschmacksnerven sagen „ganz alter Ziegenkäse in Zuckerkonzentrat“. An irgendeiner Bushaltestelle kaufe ich einen tennisballgroßen „gepressten Feinstaub aus Kardamom mit Unternote Fischmehl“. Boahhhhh, das waren wieder Experimente hier. Wirklich Gnade vor meinem Gaumen findet nur das persische Konfekt.

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Hier bewirbt man Shampoo mit „long and strong“, oder auch sehr schön, „richtig sauber“ und die Zauberformel beinhaltet fermentiertes Reiswasser. Wowwwww, na dann muss das doch wirken!

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Und kein Blog kommt ohne Katzenbilder aus

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