Chitradurga
Unser Weg nach Hampi führt uns über Chitradurga, eine sympathische Kleinstadt im Bundesstaat Karnataka und nach Bangalore die reinste Erholung. Unser Hotel sieht auf den Fotos proper aus, seine goldenen Zeiten liegen jedoch schon länger zurück. Etwas hatte mit der Online-Reservierung nicht geklappt, zum Glück wie sich herausstellt. Die zwei netten älteren Herren am Empfang lachen sich kaputt, dass wir allen Ernstes über 1.600 Rupien bezahlt hätten…..
Raum ohne A/C 1.300 Rupien, Pi mal Daumen 13 €, und Warmwasser von 6 bis 9 am Morgen. Alles etwas schrottig aber die Leute sind umso herziger und wir sind mitten im Zentrum. Nachts reißen wir die Fenster auf, damit der Straßenkrach den Lärm des Ventilators übertönt.
Der Ort ist quirlig und strotzt vor Läden nach dem traditionellen Prinzip: eine Straße nur Fleischer, eine Straße nur Schuhverkäufer, nur Küchengeräte, nur Tuchhändler, nur Schneider, nur Saris und so weiter. Alles hat so einen fast schon arabisch anmuten Touch von orientalisch.
Am ersten Tag wundere ich mich kurz, dass die Leute so rabiat mit den armen Kälbchen umspringen, da bemerke ich, dass dies selbst für indische Verhältnisse sagenhaft kleine Kühe sind. Von Zwergkühen hatte ich bisher nie was gehört. Am Abend kommen wir u.a. am Kulturhaus vorbei. Dort wird volles Programm geboten. An zwei Tischen sind wichtige Honoratioren aufgereiht, auf der Bühne wird gesungen und getanzt, eine Dame trägt sehr ausführliche und ernsthafte Ansagen vor. Das Publikum hat sich ganz fein rausgeputzt.
Wir hatten uns Chitradurga als Zwischenstopp ausgeguckt, da hier die Ruinen eines alten Forts zu besichtigen sind, ein riesen Gelände über eine Felslandschaft geworfen. Ich hatte erwartet, dass der Ort einigermaßen touristisch ist, also auch mit einer gewissen Zahl Europäern gerechnet, aber nein, wir sind scheinbar die einzigen Bleichgesichter am Ort. Gibt’s doch gar nicht. Irgendwie muss Chitradurga im Schatten von Hampi und Bellari vergessen worden sein. Jetzt avancieren wir gleich wieder zur kleinen Attraktion: Selfie hier, Selfie da, mit und ohne Kindern, wo kommt ihr denn her? und so fort. Ein älterer Herr ist sichtlich mit Stolz erfüllt, dass wir das bedeutende alte Fort besuchen wollen.
Und so pellen wir uns früh um 7 Uhr aus dem Bett, schnelles Frühstück, jeder 3 quietschsüße indische Milchkaffee, die genauso winzig ausfallen, wie die Kühe. Mit soviel Zucker im Blut muß man auch nichts mehr essen. Es ist noch nicht mal 8 Uhr, da stehen wir vorm Einlass am Fuße des Berges. Zunächst hocherfreut stellen wir fest, mein Gott, wir sind wohl die ersten Besucher des Tages. Aber umgehend sinkt die Laune auch schon in den Keller…
Die für Antike Kulturgüter zuständige Behörde des indischen Kulturministeriums hat sich ausgedacht, nur noch auf digitale Tickets umzustellen. Erst macht man sich datentechnisch nackig, stimmt natürlich der Speicherung aller Daten zu ohne weitere Widerspruchsrechte und hat dann im Prinzip nur die Chance online mit Kreditkarte, Google- oder Amazonpay zu zahlen. Unsere erste diesbezügliche Bekanntschaft machten wir vor dem Sommer Palast des Sultans Tipu in Bangalore, wo wir unter Murren und Maulen abgezogen sind. Man muss soviele Daten inklusive Reisepassnummer in das System füttern, das mache ich bestimmt nicht an einer belebten Hauptverkehrsachse irgendwo in Bangalore (Hochburg der IT Branche und bestimmt auch gewiefter Hacker) – und auf gar keinen Fall unterstütze ich Goggle- oder Amazonpay. Das ist mir zuviel schöne neue Welt. Ich hatte schon die Tage davor bemerkt, dass sich Indien aus meiner Sicht bedenklich weit in die Fänge von Googlepay begeben hat. Nicht auszudenken, Google käme mal für 3 Tage auf die Idee, den Dienst abzuschalten. Dann ist hier Revolution. Aber zurück zum Kulturprogramm…
Am Eingang verweigert man uns also auch jegliche Bargeldannahme. Unter diesen Umständen können wir die ganze Reise ja gleich abbrechen…. Aber das ist keine Option. Dann versuche ich das Problem vor meinem derzeitigen deutsch-indischen Erfahrungshintergrund zu lösen. Zunächst einmal lüge ich und behaupte, das System würde nicht funktionieren (dabei habe ich es erst gar nicht versucht). Dann bleibe ich einfach penetrant vor dem Eingang stehen (Von den Einheimischen habe ich gelernt: Einfach nicht abwimmeln lassen bis wer hilft). Wir warten. Eine sehr große indische Reisegruppe erscheint. Offenbar haben die Leute auch Probleme mit dem System. Irgendwann sammelt einer aus der Truppe Geld ein. Ich frage gleich mal nach, ob derjenige uns nicht auch ein Ticket kaufen kann und wir geben ihm das Eintrittsgeld bar cash. Dieser simple Lösungsansatz scheitert jedoch an der Sprachbarriere und auch daran, dass die Inder nur 25 Rupien pro Kopf zahlen, wir als Ausländer aber 300. Die Einlasser bemühen sich langsam um uns. Zunächst wird uns ein Telefon hingehalten. Die Person am anderen Ende spricht Englisch, schon mal gut. Den Inhalt des Telefonats verstehe ich jedoch nicht, nur soviel , irgendwer kommt, wir sollen warten… Nach und nach bemühen sich alle 4 Einlasser uns über ihr Smartphone in das Ticketsystem einzutragen, aber es gibt irgendwie Probleme…. Am Ende bittet man uns erst auf die andere Seite der Eingangstür (Fortschritt, schon mal irgendwie drinnen)… und nach weiteren 5 Minuten teilt man uns gestisch mit, bitte, wir sollen einfach reingehen und uns alles anschauen. Wir drücken den Leuten die 600 Rupien Eintritt in die Hand. Irgendwas ist den Einlassern dabei sichtlich unangenehm. Daraus schließe ich, die hätten uns einfach so reingelassen, nur um das Problem los zu sein, weil wohl niemand in der Lage war, für uns ein Ticket zu buchen….
Wir machen uns also einen schönen Vormittag mit Kulturprogramm.
Die Ruinen des Forts sind schon echt eine Hausnummer. Ein riesen Gelände, alles immer schön Berg auf natürlich…. und ohje, wir haben das Wasser vergessen. Da uns das Einlassszenario auch fast eine Stunde gekostet hat, wird es leider schnell bedenklich heiß, so dass wir am Ende nur einen Bruchteil ablaufen.
Als wir uns auf den Rückweg machen, füllt sich die Anlage langsam mit indischen Touristen. Fast wieder unten angekommen entdecken wir einen rettenden Mini-Kiosk, der Wasser verkauft. Aber dann haben wir auch keine Lust mehr, den Weg wieder bergauf zu kraxeln. Da ergibt sich noch eine putzige Anekdote.
Zwei Burschies um die 30 haben gerade erst ihre ersten paar 100 m bergauf zurück gelegt, sehen aber schon verdammt geschafft aus. Wir rufen ihnen zu, dass hier ein unscheinbarer Kiosk Wasser verkauft. Die Hipster sind erleichtert, aber oh nein, der Kiosk kennt kein Googlepay. Nur Bares ist Wahres. Wir bieten an mit 20 Rupien auszuhelfen. 😂
Als wir wieder fast am Haupteingang zurück sind, kommt uns freudestrahlend einer der Einlasser entgegen. Er hat es geschafft und präsentiert uns auf seinem Phone unsere Online-Tickets. Doll! Anerkennend machen wir noch schnell ein Foto (was wir jetzt gar nicht mehr brauchen) und verlassen allen herzlich dankend das Gelände.
Foodblogging
Wenn man das Internet auswertet kommt bestimmt gleich nach Mietzekatzen und Sex Food-blogging. Ich weiß nicht wie viele Menschen in der Welt rumfahren und uns über das Streetfood der entlegensten Orte aufklären. Und jedesmal gibt es grandiose Beschreibungen über unbekannte Gewürze, Geschmackssensationen, Superfoods, alles in den schönsten Bildern, gespickt mit ein paar Funfakts und exklusiven Geheimtipps an 1 Million Follower….. Und man selbst sitzt zu Hause und einem läuft das Wasser im Munde zusammen.
Es ist fast eine Manie geworden. Man kann ja quasi gar nicht mehr ausgehen ohne das irgendwer in der Runde das Phone zückt und ein Foto vom Essen irgendwohin postet oder an Leute schickt, die gerade nicht dabei sind. Ich habe mich immer gefragt, was genau will man damit eigentlich mitteilen? „Ich möchte mein Essen mit Dir teilen “ oder „Selbst schuld, du Looser, heute hast du wieder was verpasst“?
Ich möchte diesem Trend heute entschieden entgegen treten mit der ungeschminkten Realität.
Gurkensalat indisch, aktuell mein bester Freund. Wie sich die Karotten auf den Teller verirrt haben, bleibt das Geheimnis des Küchengehilfen. Das Ensemble ist übrigens genauso ungewürzt wie es aussieht.
Bei dem Versuch für Thomas Idli mit Zucker zu bestellen kam es zu einem folgenschweren Missverständnis und ich bekam das zum Frühstück. Ich habe keine Ahnung, wie es heißt. Die Konsistenz ähnelt mit Wasser gekochtem Grießbrei. Es hat auf jeden Fall eine eigene Geschmacksnote, die außerhalb meiner Beschreibungsfähigkeiten liegt. Es scheint Ingwer im Spiel zu sein, in erster Linie ist es jedoch elendig süß. Ich habe die Rosinen und Mandeln rausgepickt und dann bitte nie wieder dieses Zeugs.
Es ist natürlich ein echtes Elend, dass ich weder Melonen, Litchies noch Papayas esse, denn die Obststände quellen davon über, vor allem von Melonen in allen Formen und Farben. Mangos haben auch diesmal keine Saison. Also probiere ich mich mit dem mir unbekannten Obst durch, hier Guave und Drachenfrucht. Der Guave geb‘ ich noch eine zweite Chance, wenn es diese in reif gibt. Drachenfrucht kann man essen, steigt aber nicht zu meiner Lieblingsfrucht auf. Ich würde sagen, vor allem dekorativ anzusehen.
… und für alle, die uns jetzt bedauern, keine Sorge, wir verhungern nicht. Aber oft sehen die wirklich leckeren Sachen so unspektakulär aus, dass es sich auch nicht lohnt, ein Foto davon zu schießen.
Frühstück
Der klassische Caféhausgänger richtet sich eigentlich überall in der Welt heimisch ein, indem er, sie, es erstmal ein Stammkaffee etabliert. Die tägliche Routine muss aufrecht erhalten werden. In Tharangambadi gibt es einen (für uns) neuen Kaffeestand und schnell gehören wir zum Inventar. Nach zwei Tagen geht schon alles wortlos. Freundliche Grüße, 1 Kaffee mit, 1 Kaffee ohne Zucker, zwei „Quarkbällchen“ ( heißt hier anders, schmeckt aber original wie Quarkbällchen). Der Gehilfe vom Besitzer kriegt im Austausch ne Kippe….. Von hier aus kann man super Fernsehen. Jeden morgen gegen 9.00 und nachmittags gehen 16.00 Uhr ist Rushhour.
Architekt auf Fortbildung
Da staunt der Laie und der Experte wundert sich.
Mission Ziegenbalg
Liebe Freunde der Kunst, in der Tat sind wir nun schon zweieinhalb Wochen in Indien und langsam wird es Zeit, auch diesen Blog zu füttern. Was bisher geschah:
Die ersten Tage waren natürlich arbeitssam, da Stefan und ich mit freundlicher Unterstützung von Thomas unsere Ausstellung im Ziegenbalg House Museum in Tharangambadi aufgebaut haben. Während unserer mehr als vierjährigen Abwesenheit hat sich im Museum einiges getan. Die Räume wurden renoviert und aufgehübscht. Asma Menon hat nach dem Vorbild der Wunderkammer in den Franckeschen Stiftungen zu Halle 2 Deutschland Schränke installiert mit putzigen deutschen Objekten, welche sie während ihres Aufenthaltes 2019 in Halle gesammelt hat…. Wir hatten mehr Platz als erwartet, so dass wir alle mitgebrachten Kunstwerke gut unterbringen konnten. Ich denke, es ist eine wirklich sehr schöne Ausstellung geworden. Hier einige Impressionen.
Ich hatte mich aus der Ferne so wage daran erinnert, dass die Räume viele schmale Vorsprünge aufwiesen und die Malerei, diesmal in Buntlack und Ölfarbe auf Aluminiumblech, so angelegt. Zum Glück haben die geschätzten Maße sogar gepasst und so hat sich alles mit Stefans Arbeiten zu einem schönen Gesamtbild zusammengefügt.
Die Eröffnung war bereits sehr gut besucht. Man hat weder Kosten noch Mühen gescheut, viele Honoratioren aufzubieten. Neben unserer halleschen Delegation, bestehend aus Manon Bursian, Kunststiftung Sachsen-Anhalt, Thomas Müller-Bahlke und Frau Lippold von den Franckeschen Stiftungen, waren auch extra die deutsche Konsulin, Frau Küchler, der Bischof und der Bürgermeister gekommen, unsere Ausstellung mit Redebeiträgen zu eröffnen. Dr. Samuel Manuel, der aktuelle Leiter des Museums, und seine Mitarbeiterinnen hatten alle Hände voll zu tun…. Ausstellungseröffnung auf indisch muss man ergänzen. Es wurde gesungen und gebetet, Trophäen und Ehrungen aller Art verteilt, immer so der Reihe rum. Die ganze Zeremonie hat am Ende 2 Stunden in Anspruch genommen.
Das Medienecho war auch ganz hervorragend. Angeblich war sogar das Fernsehen da.
Also alles in allem eine gelungene Veranstaltung. Nun erfreut sich das Ziegenbalg House seit einigen Tagen großer Besucherströme. Super!
Mehr dazu findet man unter www.facebook.com/ziegenbalg
Und hier zum Abschluss noch einige Bilder der neuen Gemälde.
orange bows, colored varnish and oil color on aluminum sheet/
2023
Violet, colored varnish and oil color on aluminum sheet/
2023
Child on the beach, colored varnish and oil color on aluminum sheet/
2023
pretty girl in a pretty dress, colored varnish and oil color on aluminum sheet/
2023
brother, sister, doggy, colored varnish and oil color on aluminum sheet/
2023
darling, colored varnish and oil color on aluminum sheet/
2023
Princi, colored varnish and oil color on aluminum sheet/
2023
Girl with a letter, colored varnish and oil color on aluminum sheet/
2023
temple goat, colored varnish and oil color on aluminum sheet/
2023
rainbow maid, colored varnish and oil color on aluminum sheet/
2023
mistress of the moonligth, colored varnish and oil color on aluminum sheet/
2023
goats road, colored varnish and oil color on aluminum sheet/
2023
goats in the moonlight, colored varnish and oil color on aluminum sheet/
2023
from thebalcony II, multipart, colored varnish and oil color on aluminum sheet/
2023
Corona Reports
Es fällt mir wirklich schwer mir auszumalen, dass in Indien, wo sonst Gewimmel herrscht, plötzlich alle Menschen zu Hause bleiben müssen. Die aktuelle Lage gab den Anlaß, einen kleinen Film zu drehen. Man sollte nie den Humor verlieren!
Ich danke der Kunststiftung und Xenia Fink für die tatkräftige Unterstützung beim Schnitt sowie Mercy Rethna für die Übersetzung.
Die Zeit vergeht, sie weiß es nicht besser…
Da sind die 6 einhalb Wochen plötzlich schon um. Kaum zu glauben! Noch schnell ein Abschiedsfoto mit der Belegschaft vom Ziegenbalghaus…
…und dann geht’s schon nach Hause.
பை பை & குட்பாய்
Tempel und Krempel
Unsere dritte Rundreise führte uns von Tiruvannamalai über Vellore nach Kanchipuram.
Tiruvannamalai – ich schwöre, die Einheimischen bringen hier noch mehr „L“ und “ M“ unter beim Sprechen. Sehr schön ist die Felsgebirgslandschaft auf dem Weg dahin. Hier kann man sehen, welche Erosion Sonne und Regen herbeiführen.
Vellore. Das Wetter kommt uns mit 25 Grad eigentlich entgegen. Das alte Fort hat faszinierende Mauern. Im goldenen Tempel ist fotografieren jedoch untersagt.
Aber die Stadt als solche ist ein einziger Schlamm. Hatte da nicht jemand im Vorfeld gesagt, Vellore ist ein trostloses D*****Nest, dass wir auslassen können? Na, vielleicht erinnere ich mich auch falsch. Hier bekommen wir allerdings das beste Essen in den ganzen 6 Wochen. Hammer! Obwohl wir ein super Hotel haben, gibt es wieder diese Spezialecken (im Hotel), wo man mit Aus-den-Augen-aus-dem-Sinn-Methoden versucht, das Müllproblem zu beseitigen.
Kanchipuram – Stadt der Tempel. Über Verkehr schreibe ich jetzt nix mehr….
Hier stehen nach Mahabalipuram die ältesten Tempel. Tempel. Tempel. Tempel. Tempel. T…..
Bauhaus war gestern – Nachschlag
Viele Grüße auch an‘ s St. Elisabeth und St. Barbara Krankenhaus in Halle. Ich glaube, wir müssen nacharbeiten 😉 !