Auf dem Fischmarkt

Heute sind wir in aller Herrgottsfrühe aufgestanden um 5.30 Uhr um mit Vinnot, Allwin und einem Koch aus dem Ort auf den Fischmarkt zu fahren. Vinnot arbeitet im Ziegenbalghaus. Allwin erledigt rund um die Uhr Dinge für das Ziegenbalghaus, und der Koch ist, wenn ich es richtig verstanden habe, heute extra engagiert, weil es im Ziegenbalghaus ein großes Seminar mit vielen Gästen gibt. Vinnot und der Koch kaufen einen ganzen Sack voll Fisch, den sie zu zweit kaum tragen können. Wenn ich mich recht erinnere hat Jesus 5000 Leute mit nur einem Fisch beköstigt.









Hier wird viel gestritten und diskutiert und man braucht kein Tamil um zu verstehen, dass die Fischweiber nicht aus Zucker sind.
Erste Impressionen
Thomas hat schon eine gute Zusammenfassung formuliert: Sieht aus wie Breughel mit Plastikmüll. Im Moment traue ich mich noch nicht, überall knallhart die Kamera drauf zuhalten.
Die ersten Tage haben wir gleich alles gemacht, was der Reiseführer nicht empfiehlt, wie rohes Zeug essen, barfuß laufen und an jeder Straßenecke verdrücken wir irgendwas, mal kalt, mal warm. Todesmutig habe ich mich an die Törtchen gemacht. Bis jetzt geht es uns gut.

Eigentlich wohnen wir hier in einer recht ruhigen Ecke. Gestern morgen gegen halb 10 wurden wir von Klaviermusik aus dem Hinterhof geweckt. Klang überraschend europäisch, bisschen laut vielleicht aber nett… Hätte fast ein Stück Kirchenmusik sein können, Paul Gerhardt oder so, das klingt schlicht in Klavier für meine Ohren viel heutiger als mit Orgel. Der Pianist auf dem Nachbargrundstück steigerte sich langsam. Zuerst wurde der Klaviersound aus dem Keyboard mit einem breiten Gitarrendröhnen unterlegt, völlig übersteuert wie man es sonst von Heavy Metall kennt. Dann wurde noch dieser und jener Schrammel- und Bimmel-Effekt hinzugefügt. Ich will nicht sagen, es steigerte sich zu Trash, aber plötzlich klang es ziemlich „indisch“. Die Geräuschkulisse begleitete uns den ganzen Tag. Hier eine kleine Kostprobe:
Ein paar Meter weiter vor der Kirche – da kam die Musik her – war es dann noch etwas lauter.
Und das blieb dann im Prinzip den ganzen Tag so bis zum abendlichen Gottesdienst. Der war nicht unbedingt leiser, aber anders.




Angekommen !
Es ist ja nicht wirklich vorgesehen mal 6 Wochen komplett auszusteigen. Also habe ich am 9. September noch bis 24 Uhr gearbeitet. Schlafen wird völlig überbewertet. Bis 2 Uhr habe ich kein Auge zubekommen, um danach in halbherzigen Dämmerschlaf zu sinken. 10 vor 4 klingelte der Wecker: Auf geht´s!
Pünktlichst 5.15 Uhr am Flughafen Halle/Leipzig vorgerollt. An der Handgepäckabfertigung einen ernsten Vortrag abgeholt. Der Flughafenmitarbeiter wäre bestimmt gerne Polizist geworden. Schwupps in den Flieger gen Frankfurt/M : Abflug 6.10 Uhr. Nur 35 Minuten Flugzeit. Ich bin fassungslos. Das ist jetzt politisch total unkorrekt, aber kurz frage ich mich doch, warum ich eigentlich immer Zug fahre… In Frankfurt müssen wir dann 4 Stunden Zeit verbummeln und langsam schwächelt meine Kondition. Kaum Platz genommen im Flieger nach Chennai schaffe ich es nicht mal mehr bis zum Start und ratze sofort ein. Nicht die schlechteste Variante, denn ich schlafe quasi die ganzen 9 Stunden Flug durch.
22 Uhr 45 Ankunft in Chennai. So, nun bin ich wieder ganz gut ausgeschlafen! Glücklicherweise müssen Thomas und ich nur Jasmin Eppert hinterher dackeln. Bis jetzt kann nicht viel schief gehen. Erst verdallern wir Zeit mit Einreisepapierkram. Immerhin, man lässt uns rein, scheint also geklappt zu haben mit dem E-Visa. Dann kaufen wir noch schnell im Duty free 1 Flasche Whisky und 1 Flasche Gin. Der Gin ist selbstverständlich medizinisch indiziert und mit dem Whisky stellen wir Weltliteratur szenisch nach!
Wir satteln um auf Taxi und brausen davon in die indische Nacht gen Tharangambadi. Es ist gegen 1 Uhr nachts indischer Zeit, nur noch ungefähr 6 Stunden Autofahrt. Ich entschließe mich, einfach aus dem Seitenfenster zu gucken und nicht nach vorne aus dem Auto. Dabei ist das Verkehrssystem einfach zu verstehen: Wozu blinken, wenn man hupen kann ?! Ich hege den Verdacht, dass unser Fahrer auch nur uns zu liebe blinkt. Hier und da halten wir nachts an und trinken indischen Kaffee, super Gebräu! Langsam geht die Sonne auf…
Gegen halb 7 Ortszeit rollen wir in Tharangambadi ein und halten in einer kleinen Gasse vor unserer Unterkunft. Links ein kleines, schmuckes Häuschen. Rechts eine Baustelle. Irgendwie habe ich geahnt, dass unsere Bleibe nicht auf der linken Straßenseite liegt. Nach kurzer Besichtigung mit dem Vermieter bietet Jasmin uns an, erstmal bei ihr unterzukommen. Um so besser.
Am besten Haus am Platze gehen wir ausführlich frühstücken und lassen uns gleich mal Frühstück auf indisch vorführen. Wie war das mit den Reisewarnungen? Ach Quatsch, rein mit dem Obstsalat! Auf der Terrasse der Schwedischen Mission, unsere Bleibe, gibt’s noch schnell 3 medizinische Aufgüsse, in Ermangelung von Tonic wahlweise Gin, Gin mit Eis und Gin mit Wasser und Eis. Um 10 Uhr fallen wir in unser indisches Bett: Angekommen!

Der Count Down läuft!
Heute in einem Monat sitze ich im Flieger gen Chennai auch bekannt unter seinem alten Namen Madras. Madras – das klingt nach Orient, Abenteuer, Märchen. 8 Stunden Flug ergibt rein rechnerisch 2 Bollywood-Filme. Ein echter Tapetenwechsel. Aber bis dahin laufen die Reisevorbereitungen noch auf Hochtouren. In Kürze geht`s los mit dem Kinderkunstprojekt „Wundertütenbriefe“ in den Franckeschen Stiftungen. Meine Nichte war so freundlich mich in Vorbereitung in die Geheimnisse des Plisseefaltens einzuführen. Danach sind die ersten Gehversuche in der Rubrik Pop-up-Karten kreativ aus dem Ruder gelaufen. In Kürze hier also mehr…