Tagebucheintrag, Dienstag 04.11.2019

Unter einem riesigen Wasserturm bei der Dänischen Festung entdecke ich kleine Hütten, die aus geflochtenen Palmblättern angefertigt sind. Davor putzt sich ein kleines Mädchen in ihrer Schuluniform die Zähne. Ein paar Schritte weiter versucht eine alte Frau, mit trockenen Zweigen ein Feuer zu entfachen. Hinter einem alten, verwunschenen Friedhof entdecke ich ein katholisches Mädcheninternat. Durch das halb geöffnete Tor sehe ich Schulkinder auf dem Boden kniend Yogaübungen durchführen.
Versehentlich zertrete ich eine kleine Raupe, die verletzlich vor mir auf dem Weg kriecht. Ich sehe mir dieses kleine Geschöpf genauer an. Plötzlich umschwirren mich dutzende Schmetterlinge. Geburt, Leben, Sterben, Wiedergeburt – ein ewiger Kreislauf.
Vor Bhaskara Wohnhaus bemerken mich sofort ihre Kinder und kommen auf mich zu. Besonders ihr jüngster Sohn ist ein Energiebündel. Unentwegt löchert er mich mit Fragen und springt wie ein Gummiball vor mir hin und her. Als Kontrast sieht mir einer seiner Freunde kontemplativ und fasziniert beim Zeichnen zu. Erst nach mehrfachen Ermahnungen seiner laut rufenden Oma rennt er zum Schulbus, der bereits auf ihn wartet. Dabei vergisst er seine Schultasche, die er sich im Eiltempo bei mir abholt.
Wieder beobachte ich die Makaken. Nonnen versuchen, diese mit Lärm vom Mädcheninternat zu verscheuchen. Auf der Flucht hängen die kleinsten Affen am Bauch ihrer Mutter. Andere entdecken in der Nähe eine Bananenstaude und unternehmen akrobatische Versuche, um an die Früchte heranzukommen. Ein weiterer Affe ist damit beschäftigt, eine verschlossene Plastikdose zu öffnen.
„Muh! Muuh! Muuuh!“ Plötzlich steht eine große Kuh vor Bhaskara Haus. „This is my cow!“, ruft sie mir lächelnd zu und öffnet das Hoftor.

In der Mittagspause lese ich im Internet vom Smogalarm in der indischen Hauptstadt Neu-Delhi. Es heißt, der Grenzwert wäre um das 36-fache überstiegen. In den angrenzenden Bundesstaaten sollen Bauern ihre Felder abbrennen, um danach den Boden wieder neu zu bestellen. Dies sorgt für eine extreme Rauch- und Staubbelastung in der Luft. Vielleicht ist das auch ein Grund für den Smog und das Fehlen von Sonnenschein in den letzten Tagen?
Schnell laufe ich zum „Danish Shop“. Es müssen Kopien von meinen Zeichnungen für die Hausbewohner angefertigt werden. Auf den Mauerresten des Stadttores mache ich eine witzige Entdeckung. Eine große schwarze Ziege blickt mich aus zwei Metern von einem Torbogen aus an.
Zur Überbrückung der Wartezeit auf meine Kopien reicht mir Sultan einen Stuhl. Derweil geben die Schüler ihr Geld für Süßigkeiten aus.
Auf dem Rückweg besuche ich Dayana. Sie arbeitet im Ziegenbalghaus als Museumsführerin und half mir dort bei der Anfertigung von Drucken mit der historischen Druckerpresse. Gemeinsam sitzen wir in ihrem Wohnzimmer und der Ventilator rattert über unseren Köpfen. Um eine störungsfreie Tonaufnahme zu erhalten, schalten wir den „Propeller“ ab. Jetzt verstehe ich sie besser, werde aber von den lauernden Moskitos als „Festtagsbraten“ verspeist. Mitten im Gespräch erscheinen unvermittelt ihre Eltern. Dayanas Körpersprache ändert sich und ich frage sie, ob es ein Problem gibt. „Nein!“ Dann bekommen wir von ihrer Mutter Tee gereicht und ihr Vater setzt sich dazu. Jetzt führt er das Gespräch, und ich erfahre, dass er als Lehrer arbeitet. Mit juckenden Füßen schenke ich ihnen eine Kopie meiner Zeichnung von ihrem Haus und verabschiede mich herzlich von der Familie.

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