Es ist kaum zu glauben, hier sitzen wir nun wieder am Flughafen und die Zeit ist schon um. Da sagen wir also Tschüss zu Tharangambadi und der Crew aus dem Ziegenbalg House Museum.
Und ich verabschiede mich natürlich ganz besonders herzlich von Violett. Das erste Mal in meinem künstlerischen Leben habe ich den Sinn des Sujets Portraitmalerei verstanden.
Violett verabschiedet sich wohl etwas schweren Herzens von ihrem Portrait, da ich es wieder mitnehme.
Die Tamilische Zeitung verabschiedet die Ausstellung mit einem letzten Artikel.
Ich verabschiede mich von vier Bildern. Es fällt mir nicht ganz leicht, aber hier erfüllen sie auf jeden Fall den richtigen Zweck. Drei bleiben im Ziegenbalg House…
….und ein Bild hab‘ ich der Mädchenschule vorbei gebracht, wo es einfach hingehört.
Wir sagen Bye Bye an die Kleinen und die Großen…
Halt die Ohren steif, Mona Darling!
See you soon, Asma ! Bald hier in Halle hoffentlich….
…alles Gepäck zusammengesammelt in Tiruvanamalai und Tranquebar….
mit dem ganzen Plunder hätten wir uns nie im Bus belastet. Fazit 3.500 Kilometer indischer ÖPNV
Und kaum das man sich versieht, fliegen wir schon auf und davon…..
… und da sind wir auch schon wieder Daheim!
PS: Zeitsprung, Jetlag, Temperatursturz, Leberwurstbemme und Federbett. Mein Gott, ist das leer hier! Und wo sind denn die ganzen Kühe geblieben?
Es ist ein beliebter Volkssport vieler Leute, sich draußen vorm Haus oder auf dem Balkon stundenlang die Zähne zu putzen und dabei dem Treiben vor der Haustür zuzugucken. Lustig.
***
Im Prinzip findet man zwar überall kleine Tempel an der Straße, im Vergleich zum christlichen Kontext könnte man es wohl auch „Kapellen“ nennen, allerdings scheint es eine besondere Spezialität von Tamil Nadu, diese nicht als Gebäude oder Nischen sondern als Figurengruppen auszubilden. Manchmal sind sie sogar haushoch. Meine Lieblingsfigur, eine weiße Kuh, die irgendwo in der Landschaft etwas anbetet, ist wohl leider der neuen Autobahn zum Opfer gefallen. Sehr schade.
👍
Es gibt so großartige Fernsehprogramme hier, z. B. durchgehend Nachrichten. Ich verstehe zwar verbal nichts, aber man kann zwei Dinge gut erkennen: Wie kulturübergreifend Wichtigkeit durch mediale Bildstrategien erzeugt wird und die kulturell geprägte Variante, wie hier Glaubwürdigkeit vermittelt wird, zum Beispiel durch „Zeugschaft“. D.h. in der Regel sitzt dann ein berichtender Augenzeuge auf einem ausgedienten Ledersofa und spricht. Von ebenso großer Bedeutung sind die schweigenden Begleiter, welche als feste Inszenierungsbestandteile rechts und links neben den Zeugen mit auf´s Sofa gequetscht werden.
📺
Noch leichter zu verstehen sind die Familien-Soaps, weil alles Comic-mäßig mit einem Geräusch unterlegt ist. Zum Beispiel ein lautmalerisches, schepperndes „Bing“ oder „Going“ für den emotionalen Gesichtsausdruck „!?“. Da braucht man wirklich gar keinen Text mehr und die Schwiegermutter ist sowieso immer schuld.
📺
Sehr gerne schaue ich auch Werbung. Eine kulturvergleichende Kostprobe: Oma hat Rückenschmerzen. Enkel ist aus statistischen Gründen anwesend. Opa überrascht beide mit der neusten Schmerzsalbe. In einem deutschen Werbespot würde die sensationelle Wirksamkeit unterstrichen, indem Oma und Opa dann Tennis spielen. Und was machen Oma und Opa Indien? Sie fahren mit dem Moped eine sandige Schlaglochliste lang, reißen die Arme hoch und fühlen sich wieder jung! Super!
🤩
Aber das allerbeste sind die reinen Musiksender mit alten Videos und Filmsequenzen in Dauerschleife. Geil!
***
Ich habe mir ein schönes indisches Kleid gekauft. Aber irgendwie sehe ich darin aus wie ein bunter Sack.
***
Exotische Gerichte
(Knochenloser Fisch mit Schiffen)
💖
3 Ladys im Bus
💝
Instagram, Tiktok und Co sind wohl nur für Indien erfunden worden. An jeder Ecke wird gepost und gepostet. Treffen sich 3 Jungs und ein Smartphone an der Kreuzung, wird gleich ein Fotoshooting veranstaltet, als wäre es ne Boyband. Und eitel sind die Bubies. So richtige Schönis. Nach der Hochzeit vollzieht sich dann eine wundersame Verwandlung. Bei den Vatis mit Schnauzbart kann man sich kaum noch vorstellen, dass die mal so niedliche Kerlchen waren. Aber die Mädels sind auch ganz gut mit sich selbst beschäftigt. Indien scheint ein einziger digitaler Heiratsmarkt.
Manche unserer Hotels dienen auch als Kulisse für das Hochzeitsfotoalbum. Da wird stundenlang alles aufgeboten wie im Bollywood Film. Und alle 10 Minuten haben die zukünftigen Brautleute andere Klamotten an und werden mit neuen, total kitschigen Dekorationsartikeln ausgestattet. Beeindruckend!
🦟🦟🦟
Es gibt diese Momente, wo ich mir sehr gut ausmalen kann, dass die Laufbahn eines höheren britischen Verwaltungsbeamten in irgendeiner indischen Provinzhafenstadt eher einer Strafversetzung gleich kam oder wie es gottesfürchtige Missionare in Malaria verseuchten Ecken erbärmlich jung und jämmerlich dahingerafft hat. Schaurig.
💀
Kuh beim Einkaufen
***
Es gibt hier eine putzige Vorliebe dafür, wichtige Persönlichkeiten in Form von golden angestrichenen Pappmaché Statuen aufzustellen, Gandhi zum Beispiel. Das wäre glatt ein Thema für ein eigenes Kunstprojekt.
⭐⭐⭐
Nirgends habe ich so fette Hunde gesehen wie in Agonda Beach.
🧁
Ich bin kein ausgewiesener Kuchenzahn, aber schon aus Prinzip versuche ich mich an den ortsüblichen Naschereien aller Art – wenn ich sie denn als solche erkenne. Manches Naschwerk gleicht kleinen Kunstwerken, aber die Geschmacksrichtungen bleiben rätselhaft. Anderes sieht banal aus, ist aber verblüffend lecker. Nicht alles ist hochpotenzierter Zucker.
Die drei seltsamsten Dinger waren: Mürbeteig-Teilchen in der geballten Geschmacksrichtung Butterschmalz. In einem rein indischen 5 Sterne Hotel ohne europäische Konzessionen gibt es mit Blattgold dekorierte Schnittchen 1 x 1 x 2 cm groß, Konsistenz und Aussehen lassen Marzipan vermuten, aber die Geschmacksnerven sagen „ganz alter Ziegenkäse in Zuckerkonzentrat“. An irgendeiner Bushaltestelle kaufe ich einen tennisballgroßen „gepressten Feinstaub aus Kardamom mit Unternote Fischmehl“. Boahhhhh, das waren wieder Experimente hier. Wirklich Gnade vor meinem Gaumen findet nur das persische Konfekt.
🍬
Hier bewirbt man Shampoo mit „long and strong“, oder auch sehr schön, „richtig sauber“ und die Zauberformel beinhaltet fermentiertes Reiswasser. Wowwwww, na dann muss das doch wirken!
Ich fasse es nicht. In Deutschland steht gerade der Postbote mit dem ersten Paket vor meiner Haustür und ich bin noch in Indien. Da kann er lange klingeln. Und der deutsche Zoll hat nicht gemerkt. Jetzt erklär mir das mal einer! Aber man soll den Tag nicht vor dem Abend loben. Das zweite Paket ist langsamer und gerade erst am Flughafen DE gelandet…
Da der indische Zoll meine Pakete jedoch auch bei der Ausreise nochmal öffnen musste, hoffe ich, sie haben es diesmal nicht wieder so wahllos zusammengepfeffert, wie bei der Einreise.
Im Großen und Ganzen würde ich aber sagen, ja, man kann Kunst tatsächlich per Post um die Welt schicken.
… für alle, die bisher den kritischen Beitrag vermisst haben.
Während der ersten nächtlichen Fahrt vom Flughafen Chennai in unser superduper 5 Sterne Hotel stellten wir mit einigem Staunen fest, dass Chennai viel sauberer aussieht als wir es in Erinnerung hatten. Es war irgendwann nach 1 Uhr nachts und an allen Straßenecken war die Stadtreinigung am Werke. Als wir 2019 Indien verließen, lief eine große Campagne zum Verbot von Einwegplastik. Oh! Also entweder da hat sich mächtig was getan in der Zwischenzeit oder unser ausgesprochen komfortables Hotel liegt einfach in der Upperclass Site of the City.
Ist nun der Müll signifikant reduziert oder der Schock beim zweiten Besuch nicht mehr so frapierend? Je weiter wir herum fahren, desto heterogener wird das Bild. Der Vermüllungsfaktor bleibt auswärts eher hoch, wobei ich überhaupt kein System ausmachen kann. Mal sind die kleinen Dörfchen und Orte sauberer als die Städte, dann wieder umgekehrt. Und obwohl man doch meinen könnte, der Hinduismus hätte so eine Tier und Natur verbundene Komponente, sehen gerade die Flusslandschaften zwischen den Orten oft mächtig verschandelt aus.
In Pondi ist es sehr aufgeräumt, es fehlen sogar die Tiere. Aber es gibt immer noch diese spezielle Kreuzung mitten im Zentrum, wo sich diverse offene Abwasserkanäle treffen. Würg. In Chitradurga, was uns ja eigentlich ganz gut gefallen hat, stolpern wir direkt hinterm Gemüsemarkt in so eine Seitenstraße, die auf mehreren Metern als etablierte öffentliche Toiletten dient. Die Oberhärte in dieser Rubrik war jedoch ein Busbahnhof auf dem Weg nach Hampi. Obwohl es dort öffentliche Toiletten gab, finden es die meisten Leute praktischer, die den Bahnhofseingang flankierenden Mauern als Urinale zu verwenden. Hauptsache es wird nicht geraucht.
Aber zunehmend fallen einem die Schilder und Wandbilder der Campagne „Mission Clean India“ ins Auge. Manche werben für’s Aufräumen. Andere drohen mit durchaus empfindlichen Bußgeldern. Ich lese mich ein bisschen schlau. Inklusive Vorgängercampagne läuft das Projekt seit 2009. Der erste Teil des Programms bestand darin, Toiletten zu bauen. Die Angaben schwanken stark mit bis zu 90 Mio Toiletten in 10 Jahren. Auf einer staatlichen Seite kann man den Bau im Sekundentakt mitzählen.
Der rückwärtige Ortsteil von z. B. Palolem Beach sieht wirklich schlimm aus. Es wundert mich um so mehr, dass das Meer so sauber aussieht. Andernorts ist es genau umgedreht, die Straßen fein gefegt, aber am Strand läuft ein Langzeitexperiment: Wenn das Meer den Müll nur lange genug klein wäscht, gibt es statt ordinärem Sand vielleicht eines Tages Granulat in Regenbogenfarben? Dass das Einwegplastik wirklich verschwunden wäre, kann ich nicht feststellen. Aber das ist in Deutschland ja nicht anders. Es ist schwer einzuschätzen, wie erfolgreich die Campagne ist, da ich das Ausgangsniveau nicht kenne.
Es ist aber auch ein echtes Problem, seinen Müll loszuwerden. Da geht es uns auf Reisen nicht besser als den Ortsansässigen. Es gibt kaum Mülleimer. Am Ende helfen wir unseren Müll auch bloß den Hotels über. Ich lese etwas von „kleinteiligen Entsorgungsstrukturen“, das heißt im Wesentlichen, arme Leute sammeln den irgendwie noch verwertbaren Teil am Straßenrand auf. Manchmal sieht man Müllautos, immer verblüffend klein für die Größe des Problems, die ganz gezielt bei einer Adresse den Plunder einsacken, keinesfalls in der ganzen Straße. Flaschen und Verpackungen werden auch gerne noch einfach aus dem Busfenster gepfeffert. In irgendeiner Kleinstadt auf der Durchfahrt sehen wir an der Bushaltestelle Mülltrennung in 3 Rubriken – eine echte Sensation!
Die etabliertes Methode häuslicher Müllentsorgung ist wohl nach wie vor Verbrennen. Dabei kommt es zum absurden Zusammentreffen indischer und deutscher Weltsichten. Wie gelegentlich erwähnt, hat man in Indien ein bigottes Verhältnis zum Rauchen und jenseits der Touri-Metropolen ist Rauchen auf der Straße sehr verpönt. Wir verstecken uns dann in irgendeiner dieser ranzigen Ecke oder Seitenstraßen, ganz brav mit unserem Reiseaschenbecher natürlich. Reiseaschenbecher – „typisch deutsch“ belustigen sich die Leute in den besseren Fällen. In Hubali stehen wir etwas abseits vor unserem Hotel, ein paar Meter weiter verläuft ein ausgetrockneter Kanal, wo jedermann seinen Müll entsorgt. Dort brennt und qualmt es lichterloh. Aber das beunruhigt die Passanten wenig. Stattdessen werfen uns Vorbeieilende immer wieder Blicke zu, als würden wir hier nackt auf der Straße stehen und obszöne Dinge veranstalten. Ein älterer Herr fasst sich ein Herz und spricht uns an: Wir können doch nicht schamlos in der Öffentlichkeit rauchen! Nicht zu fassen, da stehen wir auf einer vermüllten Straße und das Ambiente stört keinen. Aber öffentlich Rauchen, das geht nun wirklich gar nicht!
Auf dem Schulhof der Grundschule in Palolem machen die Kinder groß Reine
…und so sieht es direkt gegenüber der Schule aus…
Mission Clean India wird wohl noch eine Generation brauchen bis die Schulkinder groß sind und vielleicht `ne Idee haben, wie es besser geht. Dabei gibt es im Alltag eigentlich tolle Vollbio-Lösungen, die ich sehr sympatisch finde. Und diese sind noch nicht mal neu. Zum Beispiel Essen im Bananenblatt verpacken, das kann man dann getrost auf der Straße entsorgen, denn es findet sich immer eine Kuh oder Ziege, die es wegmampft. Das nenne ich mal Kreislaufwirtschaft. Es wäre also gar nicht zielführend, die Viecherchen wegzusperren…
Nachdem ich am letzten Freitag meine Pakete verschifft habe, hatte ich heute das erste mal den Mut, zu prüfen, ob bzw. welche der Nummern auf meinen Kopien tatsächlich meine Sendungsnummern für die Pakete sein könnten. Und in der Tat, ich habe alle beide Pakete gefunden sowohl im Tracking der indischen Post und bei DHL. Eines ist sogar schon in Deutschland beim deutschen Zoll. Das andere scheint in der Abfertigung für den Luftweg noch in Indien.
Das letzte große Abenteuer in Thrangambadi lautete, 2 Pakete Kunst nach Deutschland zurück senden per Post. Vorab gibt es dazu zwei Dinge zu erklären.
Zum einen: Indien macht oft einen sehr bürokratischen Eindruck, so als ginge alles einen rechtlich vorgeschriebenen, ergo regelgeleiteten und damit strukturierten Weg. Dieser dauert allerdings undurchsichtig lange, es muss viel Papierkrieg erledigt werden. Alles was am besten mehrfach gestempelt und gegengeprüft werden kann, macht einem guten, wichtigen Eindruck und verschafft allen Beteiligten eine ordnungsgemäße Aufgabe und persönliche Wichtigkeit. Auch jenseits meiner Sprachbarriere wird damit alles oft so kompliziert, dass ganz allgemein viel telefoniert werden muss. Ich glaube, es gibt kein zweites Land auf der Welt, wo die Leute so viel telefonieren. Alle hängen quasi durchgehend am Phone und organisieren irgendwas rum, halten Rücksprache, fragen irgendwo nochmal nach… Und wenn man unter irgendeiner Begründung weggeschickt wird, um bitte morgen wiederzukommen, ist das meist kein gutes Zeichen. Ich habe den Eindruck, die andere Person hofft einfach, man löse seine Probleme woanders und käme gar nicht mehr. Pläne sind in der Regel dazu da, verworfen zu werden, aber nicht ohne sie zuvor ausführlich erörtert zu haben. Das heißt planen, umplanen und dann das machen, was sich ergibt. Wenn man jedoch beharrlich bleibt (und sei es nur Begriffsstutzigkeit wie in meinem Fall), gibt es am Ende eine überraschende Wendung in Form einer aus meiner Sicht total schlampigen Lösung jenseits aller Vorschriften. Die „funktioniert“ dann zumindest insofern „ergebnisorientiert“, dass man einen langwierigen Prozess irgendwie zu einem Abschluss bringt.
Verpacken im Atelier
Andererseits muss man die Vorgeschichte kennen, wie die Kunst überhaupt den Hinweg von Deutschland nach Indien gefunden hat, um eine Vorstellung zu bekommen, was ich auf der indischen Post durchlebt habe. Also ganz im Stil des indischen Films erstmal eine halbe Stunde Rückblende:
2 Pakete reisen von Deutschland nach Indien
Anfang Dezember 2023 habe ich die Kunst in 2 Paketen nach Indien versendet inklusive von einigem Montagematerial, Bilderhaken etc. Jedes Paket 120 cm x 60 cm x 20 cm, einmal 11 kg, einmal 16 kg. Mehrere Wochen befasse ich mich mit Zollfragen und den entsprechenden Papieren. Lange kreist meine Aufmerksamkeit um die Frage, ob ich eine Ausfuhranmeldung brauche und wenn ja, wie ich die zu Wege bringe. Ich sage nur 27 B – 6, falls ihr wisst, was ich meine. Die deutsche Post verlangt pro Paket eine Zollinhaltserklärung Formular CN23 in einfacher Ausführung und dann noch eine Proforma-Rechnung in doppelter Ausführung. Das Online-System von DHL für das CN23 ist etwas idiotisch und erst beim 7. Versuch für Paket 1, schaffe ich es, dass Zeitfenster für´s Ausfüllen einzuhalten – wenn man zu lange braucht, bricht das System nämlich ab und man beginnt von vorne. Jedes kleine Scheißteil im Paket muss genau ausgewogen werden und einen Wert zugewiesen bekommen und so fort. Eine sehr aufwendige Geschichte in diesem Fall mit diversen Angaben insbesondere auf dem Schriftstück Proforma-Rechnung in Zollfachchinesisch, deutsch-englisch natürlich. Alle Papiere müssen dann außen am Paket in einer transparenten Begleittasche mit dem jeweiligen Paket reisen. Ich habe mich akribisch darum bemüht, dass alles zu verstehen und dabei schon gemerkt, dass das größte Problem darin besteht, das es sich nicht um klassische Handelsware handelt, sondern (vorerst) um unverkäufliche Ausstellungsstücke für eine nicht-kommerzielle Ausstellung. Mehrfach telefoniere ich im Kreis: Zoll, Handelskammer, Internationale Gesellschaft für bildende Kunst, Kundenservice deutsche Post – jeder erklärt mir was anderes. „Schnucki Consultings, Import-Export-International – weltweit und darüber hinaus“ in vollem Einsatz. Soweit, so gut.
Tracking indische Post, hier deutet sich an, dass es Probleme gibt
Ich war sehr beeindruckt vom DHL Tracking System und konnte meinen beiden Paketen also quasi fast live zugucken, wie sie ihre lange Reise absolvierten. Die durchschnittliche Zustelldauer betrug laut DHL 12 bis 22 Tage. Ich hatte rund 50 Tage eingeplant, nach gut einer Woche war die Kunst in Indien gelandet. Und dann gingen die Probleme los mit dem indischen Zoll. Der Zoll wollte von Dr. Manuel aus dem Ziegenbalg House Museum genau die Papiere haben, die eigentlich mit den Paketen reisen sollten. Viel Hin und Her, erst waren die Papier weg, dann waren es angeblich nicht die richtigen Papiere….. Am Ende haben viele involvierte Personen Zeit und Nerven gelassen. Ein besonderer Dank an dieser Stelle nochmals an Frau Küchler, die deutsche Konsulin in Chennai, mit deren Hilfe die Pakete endlich aus dem Zoll losgeeist wurden. So kamen sie gerade rechtzeitig an für die Ausstellung. – Ende der Rückblende –
2 Pakete reisen (vielleicht) von Indien nach Deutschland
Dr. Manuel hatte nun etwas Bammel vor der Rücksendung wegen dem ganzen Ärger mit dem indischen Zoll und bat mich, die Dinger doch selbst auf den Rückweg zu bringen. Nun fühlte ich mich wiederum ganz gewappnet, die Pakete Kraft meiner Wassersuppe selbst zu verschiffen. Ein besonderer Trip in der Rubrik Selbsterfahrung. Es gibt diese Momente, wo man sich selbst dabei zugucken kann, wie deutsch man gepolt ist.
Voller Stolz habe ich die beiden Proforma-Rechnungen für den Rücktransport erarbeitet, mit kurzem Anschreiben, allem nötigen Fachchinesisch wie HS Tarif Code Nummern, Wiedereinfuhr etc …. Und vorsorglich hatte ich noch eine deutsch-englische Vorlage für ein CN23 im Gepäck, dass ich schon mal vorausgefüllt habe.
Am Mittwoch Nachmittag stand ich beim Post Office in Tharangambadi vor verschlossener Tür, Öffnungszeiten 9.30 bis 14 Uhr. Am Donnerstag bin ich mit einem Zettelchen, das alle notwendigen Angaben für Auslandssendungen enthielt, erneut zur Poststation in Tharangambadi gedackelt und hatte vorsorglich schon meinen ganzen Papierkrieg dabei. Ich wollte vorab die Größe der Pakete besprechen, ob ich irgendwas ggf. online machen kann. Ja, sagte der Postbeamte, das CN23 füllt ER online aus, wenn ich die Pakete bringe. Was die 2 Pakete wohl kosten würden, frage ich, Gewicht, Größe und Warenwert auf meinem Zettel notiert, den ich dem Postbeamten unter die Nase halte. Nein, dass kann er mir erst sagen, wenn er die Pakete sieht.
Mir war schon klar, dass ich etwas mehr Bargeld brauche, um die Sendung zu bezahlen, aber der Geldautomat in Tharangambadi wollte am Donnerstag kein Geld ausspucken. Am Freitag früh übrigens auch nicht. So führte kein Weg daran vorbei, nach Karaikal zu fahren. Um 10 Uhr kam ein Fahrer mit einem richtigen Auto. Wie praktisch, dann fahren wir die Pakete doch gleich zur Poststation Tharangambadi. Die Dinger gingen so mit Ach und Krach in die Karre. In der Post bekommt der Postbeamte Zustände. So große Pakete können sie nicht versenden. Online kann man gar nichts buchen und Abholservice gibt es sowieso nicht. Vielleicht werde ich die Pakete in Karaikal los, sonst in Mayiladuthurai, sein Tip. Na schönen Dank, das wollte ich doch alles am Vortag rausfinden, bevor ich die 2 Pakte hier her schleppe! Also alles wieder ins Auto geknärt und ab nach Karaikal.
In der Hauptpost in Karaikal ist man nicht geschockt und nimmt sich gleich meiner an. Wohin? Germany. Ein Mitarbeiter drückt mir umgehend 2 Zettel in die Hand. Ahhhhhh, die indische Version des CN23, sogar mit einem absolut identischen Layout. Ich zücke meine deutsche Vorlage und übertrage alles handschriftlich in Minischrift mit dem Kugelschreiber. Derweilen schlage ich Thomas vor, mit dem Fahrer ein Lemon Soda trinken zu gehen, dass dauert jetzt sicher ein bisschen. Nach etwa 40 Minuten bin ich fertig mit den 2 Zollpapieren. In der Post ist es übrigens sehr voll, obwohl ich nicht verstehe, wer wo ansteht. Ich komme zu dem Schluss, „dran“ ist einfach der, der sich am besten an irgendeinen Schalter drängelt. Und die Personen, die eben noch zuständig waren, sind dann irgendwie immer weg, also beschäftigt man die oder den Nächsten mit seinem Anliegen. Dann gibt es auch schon das erste Problem. Ich hätte die Werte der einzelnen Inhalte nicht in Euro angegeben sollen sondern in Rupien. Dumm gelaufen, oh nee, jetzt alles nochmal ausfüllen? Ein weiterer netter Postbeamte erscheint: „Also die Felder hier und die da und das und das und das auch noch… beim zweiten Mal bitte alles nicht ausfüllen.“ OK, also alles, worauf der deutsche Zoll wert legt ? Aber was argumentier´ ich hier rum, gibt ja noch die Pro-Forma-Rechnungen als Begleitscheine, die alles enthalten, was der deutsche Zoll wissen will. Doch dann kommt es zu weit größeren Komplikationen. Ich hielt es für das Einfachste, die Pakete von mir als Absender (Adresse Gast im Ziegenbalg House Museum) an mich zu Hause in Deutschland zu schicken. Und das geht nicht, da ich zwingend ein indisches Meldepapier mit bestätigter Adresse in Indien benötige, von dem eine Kopie gezogen wird für die Paketbuchung. Oder kurz: Ich kann als Ausländer gar kein Paket versenden. Is´ ja irre, wer kommt auf sowas? Der erste Versuch besteht darin, Dr. Manuel zu erreichen, aber es ist gar kein Mitarbeiter im Ziegenbalg House ans Telefon zu kriegen.
Herr R. Mohan hilft
Jetzt die indische Lösung des Problems:
Der netten Postbeamte vom Anfang ist wieder da. Er bietet an, seine Adresse als Absender zu verwenden, jedoch mit unserer indischen Telefonnummer (dass das mit unserer indischen Telefonnummer in 7 Tagen erledigt ist, verschweige ich ihm). Ein anderer Mitarbeiter füllt die beiden CN23 nun aus. Er nimmt einige „Vereinfachungen“ darin vor, dass heißt, er lässt tatsächlich alles weg, was aus meiner deutschen Sicht wichtig gewesen wäre. Mal abgesehen vom Inhalt, so werden aus Pictures hooks (Bilderhaken) Picture books (Bilderbücher) und überhaupt viel zu lang die Liste des Inhalts, kann man kürzen und den Rest lässt er weg. Am Ende erfindet er noch pro Paket einen indischen Gesamtwert in Rupien, einmal 9.000 und einmal 8.000 Rupien, was sich mit dem deutschen Wert natürlich nicht im Geringsten deckt. „Das ist genug“, meint er. Immerhin bekomme ich eine Kopie von den CN23 und eine Quittung. Ich fotografiere die beiden Pakete. Nach etwa 2 Stunden sind wir dann endlich fertig. Die 2 Proforma-Rechnungen darf ich einpacken, die will hier keiner, viel zu kompliziert. „Hier die 2 Sendetaschen für Begleitdokumente machen wir (= die Postler) auch gleich mal ab“. Auf dem Rückweg wird mir klar, dass ich gar nicht nach der Sendungsnummer gefragt habe. Vielleicht identifiziere ich noch irgendwas auf der Quittung als Tracking ID.
Dr. Manuel sagt, er habe in der Zwischenzeit gebetet für mich, die Pakete und ein gutes Gelingen. Ich auch. Zuerst einmal bete ich dafür, dass die Pakete Indien überhaupt verlassen. Sonst hat ein gewisser Herr R. Mohan aus Kottucherry demnächst eine neue Wohnungsdekoration. Und dann weiß ich überhaupt nicht, wie ich das alles dem deutschen Zoll erklären soll. Dabei war ich doch so verdammt krümelkackerig genau, super deutsch gut vorbereitet!
In der Zwischenzeit hat sich in Tharangambadi wieder einiges getan. Es gibt, frei übersetzt, mehrere neue „Futterstellen“. An der Strandpromenade gibt es endlich Gobi ’65: ein in irgendeiner roten Gewürzmischung frittierter Blumenkohl. Ein echter Zugewinn aus meiner Perspektive! In der „Hauptstraße“, quasi der Einkaufsmeile des Dorfes, hat ein Stand aufgemacht, der grob zerhacktes Hühnchen in ähnlicher Frittierweise verkauft – was für Thomas. Weil ich echt kein Biriyani mehr sehen kann, haben wir mittags kurzerhand beschlossen, das nigelnagelneue Fischrestaurant zu besuchen, wo wir schon mal davor standen. Dazu muss ich sagen, dass „Restaurant“ hier nicht ganz das ist, was man sich in Deutschland darunter vorstellt. Immerhin, man kann sich an einen Tisch setzen und wird bedient. Man braucht jedoch ein gewisses Gottvertrauen, wenn es um Fisch geht. Todesmutig sprach ich zu Thomas: „Es ist erst Mittag, der Fisch vom Hafen kann also erst ein paar Stunden alt sein. Und zudem können es sich die Leute hier im Dorf nicht leisten mit so einem neuen Schuppen ihre Mitdörfler zu vergiften.“ Also rein da. Enkel hat bedient, Oma hat abkassiert. Ich vermute, Mutti hat gekocht. Es gab Fisch-Talli. „Talli“ heißt im Wesentlichen Mittagessen und hat überall ein ähnliches Prinzip, egal ob vegetarisch, mit Fleisch oder eben mit Fisch: Auf einem Bananenblatt gibt es ein halbe Tonne Reis und dann mehrere kleine Beilagen und Soßen. In diesem Fall eine Art indischen Bohnensalat, ein Chutney aus sauren Beeren, wie immer irgendwas mit Linsen, zwei frittierte Heringe und Soße mit gekochten Sardinien – Thomas und ich konnten uns nicht einigen, ob es nun Hering oder Sardinen waren. In der ortsansässigen Darreichungsform würde das deutsche Hygieneamt sofort durchdrehen und ich glaube, ein indisches Restaurant in Deutschland bekäme es auch unter größter Beteuerung absoluter Authentizität schwer an den Mann oder die Frau….
Am Abend habe ich dann fürchterlich gereihert, aber da es Thomas bombig ging, war es womöglich nicht der Fisch, sondern mal wieder ein Sonnenstich.
Abendbrot im neuen Restaurant
Nach dem ich einem Tag Diät aus Bananen und Kohlentabletten eingelegt hatte, waren wir am Folgeabend im neuen Restaurant an der Ortseingangsstraße. Dazu muss ich noch unbedingt erwähnen, dass wir uns im Prinzip so gut wie gar nicht mit den Leuten hier vor Ort verständigen können. Wir erfragen Gerichte, die wir kennen. Die gibt es nicht. Aus den uns gemachten Gegenvorschlägen werden wir nur mäßig schlau. Am Ende stellt man uns irgendwas vor die Nase. Einen Teil erkennen wir wieder, vom Rest versuchen wir dazuzulernen. Diesmal gab es Chapati, Dosa, Kichererbsencurry, irgendwas mit Linsen, Kokosnuss Chutney und irgendein scharfes Zeug, was meiner Meinung nach verdammt nach Papaya aussah und auch so schmeckte. Ich revidiere meine Meinung über Papaya – in dieser scharfen Version durchaus in Ordnung.
Man kann in Indien auch wirklich nicht verhungern, selbst für kleines Geld. Zwei Mittagessen zusammen 200 Rupien, das sind nach tagesaktuellem Kurs 1,10 Euro pro Nase. Und dafür kriegt man im übrigen auch noch ohne Ende Nachschlag, wenn man will. Vor allem Reis. Mir ist unklar, wo die Leute diese Unmengen Reis hinfuttern. Außerhalb von Tharangambadi ist die Preisskala für Essen natürlich nach oben offen, wenn man will. Allerdings gibt es in der Regel soviel zu Essen, daß Thomas und ich uns geeinigt haben, nur ein Gericht zu bestellen, weil man damit oft 2 bis 3 Leute satt kriegen würde. Und da geht es nicht ums Sparen, ich mag halt kein Essen wegwerfen. Umgedreht denken die Leute hier aber scheinbar, wir würden irgendeine komische Diät machen. Das sind wohl die kleinen interkulturellen Unterschiede. Während man bei uns als guter Gast sein Tellerchen ratzeputze leer futtert, ist man wohl hier ein guter Gastgeber, wenn viel übrig bleibt, sonst gilt man womöglich als knauserig. Die südindische Version von „Wie geht’s?“ heißt übrigens „Hast Du schon gegessen?“. Das musste ich erst mal begreifen. Man tut den Leuten einen Gefallen, wenn man dann einfach antwortet mit „Ja, ich hatte schon Frühstück/ Mittag/ Abendbrot“, so wie man bei uns auch behauptet, es ginge einem gut, statt all seine tagesaktuellen Mimosen mitzuteilen…
Idli, unverzichtbar beim indischen Frühstück
Noch ein kurzer Abstecher zum süd indischen Frühstück. Kein Haushalt kommt hier aus ohne Dosas oder Idlis und in den Hotels kriegt man meistens beides. Der Grundteig ist der gleiche, wobei die Anleitung doch sehr variiert je nach Köchin, wie der Teig hergestellt wird. Im Wesentlichen werden weiße Linsen und Reis getrennt gekocht, zusammengeschüttet und wenigstens eine Nacht fermentiert. Daraus entstehen dann zwei grundverschiedene Dinge. Idli habe ich bei meiner ersten Reise 2019 echt gehasst. In der Konsistenz vielleicht noch vergleichbar mit Hefeklößen, aber vollkommen salzfrei und auch nicht süß. Und das obligatorische Kokosnuss Chutney schmeckt hier nicht die Bohne nach Kokos (die Kokosnüsse übrigens auch nicht). Asmas Köchin hat mich jedoch eines besseren belehrt. Es gibt Idli auch in lecker. Ich glaube, Asma konnte sich nicht so anfreunden mit meiner Abänderung einfach Orangenmarmelade drauf zu schmieren…. Das war womöglich ähnlich befremdlich als würde man sich Bockwürstchen über den deutschen Grießbrei raspeln. Aber am besten schmecken Idli, wenn sie Vada heißen und frittiert werden. Das geht aber auch nicht jeden Morgen auf leeren Magen.
Dosas in geil, auch Hauptbestandteil des indischen Frühstücks
Dosas, wie bereits gesagt sind aus dem gleichen Teig, in der Bandbreite ihrer Zubereitungsweisen am besten vergleichbar mit der europäischen Bandbreite von Crepes, Pancakes, Palatschinken, Eierkuchen, Kaiserschmarrn und so fort. Im Grundsatz alles da gleiche, fällt aber völlig verschieden aus. Dosas hauchdünn und total knusprig find ich geil.
Im Großen und Ganzen habe ich mich auf unserer zweiten Reise mit dem südindischen Frühstück ausgesöhnt. Einmal ist mir sogar der süße Brei in essbarer Version über den Weg gelaufen. Aber wo immer sich die Chance bietet, nehme ich doch lieber das nordindische Frühstück, zum Beispiel Aloo Paratha mit Joghurt und Chilipickels, oder, mit besonderen Grüßen an Jule, Puri mit Kartoffelcurry. Und was genau das nun wieder ist, könnt ihr Euch doch selber googeln. Gibt bestimmt einen Haufen Food Blogs, die das ausführlich erklären.
… der Erste als in Rom der Zweite. Das soll ein Zitat von Cesar sein. Ich stimme zu.
In der Zwischenzeit sind wir in einem gewissen Gewaltmarsch sehr schnell zurückgereist von Agonda Beach (Goa) nach Thrangambadi (Tamil Nadu). Was wir zuvor in 3 Wochen abgetrödelt haben an Hinweg zur Westküste, haben wir nun in etwa 6 Tagen runtergerissen zurück zur Ostküste. Kurz haben wir debattiert, ob wir doch Zug fahren oder sogar fliegen. Aber dann doch wie immer Bus. Manchmal etwas unglücklicher Planung oder auch Missverständnissen geschuldet hieß dies zum Teil 9 Stunden auf Achse sein pro Tag. Dies absolvierten wir zusätzlich in einem gewissen Zickzackkurs, da wir noch Gepäck in Tiruvanamalai hatten bei Asma. Bangalore ließ sich als Verkehrsknotenpunkt auch nicht vermeiden. Und „ich habe noch einen Koffer in Tranquebar“, und zwar einen ziemlich großen mit dem ganzen Kunstkrempel.
Unsere Reise geht also langsam dem Ende zu – unglaublich, wo ist die Zeit geblieben? – und damit auch die Ausstellung. Wir haben die Ausstellung also gestern nach der letzten Schul-Delegantion mit 67 Oberschülerinnen beendet mit dem ultimativen Besucherrekord: gut 4.300 Besucher!
Da gab es noch so einen verrückten Moment mit den Mädchen. Da ich vor Ort war, bot ich an am letzten Tag noch die Führungen durch die Ausstellung zu begleiten. Also sagte ich ganz freimütig, los Mädels stellt doch Fragen, was wollt ihr wissen? Zunächst nichts, nur schüchternes Getuschel, aber dann die ganz große Performance. Zwei Mädels haben mir völlig synchron im Duett die gleiche Frage gestellt. Sowas habe ich noch nie gehört! Wie ein griechischer Chor im Kleinformat.
Die letzte Besucher-Delegation verlässt die Ausstellung
Aber das Abenteuer ist noch lange nicht vorbei. Fortsetzung folgt, versprochen….
Gestern waren wir mal nobel aus, Essen im Luxus-Resort ein paar Meter weiter. Dieser kapitale Zackenbarsch, ich schwöre, es ist kein Seemannsgarn, war mindestens 60 cm lang. Und das kleine Häppchen Filet auf dem Foto waren schon gut 150 g. Bisher hatte ich mich etwas zurück gehalten mit Fisch essen, was mir wirklich schwer fällt am Meer. Aber es gibt diese einfache Regel, mit der man sich Probleme vom Hals hält: Immer erstmal den ganzen Fisch sehen mit Kopf und Augen. Der Zackenbarsch sah prächtig aus und ein wirklich befähigter Maître de Cuisine hat ihn perfekt filetiert und meisterhaft gegrillt.
Was Fisch betrifft bin ich Purist. Pfeffer, Salz, Limette, ausnahmsweise keine indischen Gewürze und kein Schnickschnack. Die Chichi-Grillkartoffel hab‘ ich noch versucht abzubestellen – Grillkartoffel habe ich noch nie verstanden – aber in Indien denken die Leute immer, man würde verhungern, wenn man auf Beilagen verzichtet.
Was soll ich sagen: Ein Traum!
Der Chefkoch sprach von Rockfisch. Das habe ich dann heute gegoogelt… Und das hätte ich nicht machen sollen! Die Dinger werden bis zu 1,50 m lang. Und dann diese Weltrekord-Angler mit den mehr als mannshohen Monsterbarschen. Und das schwimmt hier rum? „Bevorzugt in felsigen Küstengewässern“, sagt das Fischkundelexiqkon, schluck, ….
Vor dem täglichen Badevergnügen inspiziere ich heute ausgiebig und argwöhnisch das Meer. „Rockfisch, die unterschätzte Gefahr“, „Riesenbarsche, Schrecken der Strandpromenaden“, „Die Rache des Monsterbarsch“, „Der Killerbarsch schlägt zurück“, „Big Fish – die Abrechnung mit oder ohne Trinkgeld“ und so weiter, die neuen Blockbuster im Spielberg-Format, wenn nicht im Cinema-3D, so doch im Kopfkino, auweiaaaa…
Ich hatte mich anfänglich ja verweigert. Was will ich in Goa? Vom Hören-Sagen hatte ich ein eingefleischtes Vorurteil: jungsches Partyvolk auf Tritt und Schritt, an allen Ecken hängengebliebene Althippies auf astraler Sinnsuche, Magic Mushrooms (aus dem Alter bin ich auch raus) …. Aber Thomas hat darauf bestanden: Genug mit Kultur. Er will jetzt Strand. Aber gerne doch mein Schatz, flöt, flöt, flöt, nun also Strand.
Goa ist für mich nun das Pradadebeispiel dafür, wie Menschen aneinander vorbeireden und sich falsche Vorstellungen aus den Erzählungen anderer machen können.
Gokarna
Wir sind also die Westküste hochgetingelt. Unser erster Tipp diverser indischer Freunde hieß Gokarna, übrigens noch im Bundesstaat Karnataka gelegen. Ruhig, entspannt, leer, stressfrei etc. und überhaupt viel besser als Goa. Gokarna Beach, ein paar Hotelresorts an einem langgestreckten Sandstrand, war auch relativ ruhig was die Anzahl der Touristen betraf. Weniger ruhig waren die Bars der Resorts, denn kaum hatte man sich hingepflanzt, musste auch schon jemand die (Über)Schallanlage bedienen, Musikstil Radio Jump und immer schön laut. Ich werde wohl alt. Abends flüchten wir in eine kleine indische Bar, Küche heute kalt, es gibt: Tee oder Bier – Ende der Durchsage. Aber hier läuft in erträglicher Lautstärke Indisch-Bollywood im Wechsel mit Sixtees Hippiekram. Viel erträglicher für meine Ohren. Mach doch gleich mal lauter den Donovan! In der Bar geben uns ein paar Inder Einschätzungen zu unseren nächsten Reisezielen. Palolem Beach: Super! Agonda: langweilig. Aber so recht beschaulich finde ich es in Gokarna nicht. Eine aus dem letzten Jahrtausend hängengebliebene Junkibraut schleicht ums Gelände und am Strand finde ich Spritzen. Eihjei, bedient genau mein Vorurteil.
Palolem Beach
Wir setzen also weiter vor nach Palolem Beach, ca. 40 Km nordwärts. P-A-L-O-L-E-M klingt genauso verheißungsvoll wie es tatsächlich auch aussieht. Eine blödsinnig idyllisch gelegene Bucht, gelber Sand unter Kokospalmen, ein paar dekorativ ins Wasser eingestreute Felsen nebst einer postkartenmäßig in der kleinen Bucht platzierten Insel, türkisgrünes Wasser mit 29,5 Grad Badewannentemperatur (ohje und ich habe meinen deutschen Winterbadeanzug Modell „Spitzbergen“ dabei), passabler Wellengang, niedliche kleine Strandbungalows auf Stelzen säumen das Badeparadies. Zu 100 % wie man sich den Bilderbuchurlaub aus dem Reisebürokatalog vorstellt. Ich werfe sofort alle meine Vorbehalte gegenüber Touristenhotspots über Bord – Scheiß egal! Hier kann man den ganzen Tag auf´s Meer glotzen, wenn man nicht gerade darin herumplanscht. Tollllllllllll……..
Ein Finne besäuft sich schon mittags wegen kosmischem Ereignis höherer Art: Beim Stand-up-Paddeln hat ihn ein Delfin begleitet. Verzückte Bleichgesichter machen freiwillig Frühsport am Strand, hier sagt man Yoga dazu. Und „Animateur“ heißt auf indisch wohl Guru (oder vielleicht heißt es auch nur „Sportgruppenleiter“).
Unsere Bleibe liegt etwas rückwärtig nicht direkt am Wasser, was aber nicht stört, da man so auch der musikalischen Beschallung entkommt. Abends am Strand bei Kerzenschein kann man nämlich die pluralistische Theorie der Gleichzeitigkeit diverser Wirklichkeiten von jedem Standpunkt (bzw. Sitzplatz) aus erfahren. Das musikalische Angebot ist breit gefächert, für jeden Geschmack was dabei, nur haben sich die Bars nicht abgesprochen, wer seine Musik wann am lautesten aufdrehen darf. Potpourri erhält hier eine erweiterte Bedeutung.
Ein kleines Haar gibt es aber schon in der Suppe. Ich bekritel ein bisschen die Kost, welche sehr auf die 99% westlichen Touristen abgestellt ist, also überhaupt nicht scharf. Und das rächt sich auch umgehend. Ich möchte hier nicht weiter in die plastischen Beschreibungen eines Hypochonders auf Reisen einsteigen. Mein Fazit ist jedoch, dass die vielleicht weniger vertrauenswürdig erscheinenden Straßenküchen der vorherigen Wochen keinerlei Probleme dieser Art verursacht haben.
Bob Ross macht hier übrigens auch Urlaub. Auf unserem Weg zum Strand queren wir jeden Tag das Art-Resort. Hier kann man unter fachkundiger Begleitung seiner Kreativität freien Lauf lassen, malen, töpfern, basteln. Selbst Makramee wird hier vor dem Aussterben bewahrt bis zu dessen Anerkennung als immateriellem Weltkulturerbe. Und wenn das eigene Talent nicht reicht, kann man sich was Schönes für die heimische Kunstsammlung kaufen. Ich krieg‘ hier „so meine Momente“.
Bisher haben wir immer geschwankt zwischen Vorbuchen von Hotels oder nicht. Mal waren die vorgebuchten Hotels vor Ort billiger als im Netz, und dann wieder andersherum, nicht vorgebucht und die Leute wollten plötzlich viel mehr Geld. Wie man´s macht, macht man’s falsch. Im Gro entscheiden wir uns gegen Vorbuchen. Denn manchmal sehen die Zimmer im Netz spitze aus, aber in Wirklichkeit möchte man dann doch nicht dort wohnen. Fast schon sprichwörtlich geworden, um nicht zu sagen „legendär“, ist das Hotel „Mirage“ (Fata Morgana) zu Beginn in Pondi – die wohl runtergekommenste Hütte, die wir in Pondi je bezogen haben (und dafür noch nicht mal besonders billig). Aber Agonda hatten wir nun mal vorgebucht: 1 Woche Superschnäppchenpreis direkt mit Bungalow am Strand, und so verlassen wir PAAAAALLLLOOOOLEMMMM BEACH etwas schweren Herzens. Wer weiß, was uns am nächsten Strand erwartet?
Agonda
„Langweilig“ wie unsere indischen Kurzzeitfreunde meinten. Wenn das langweilig ist, will ich jetzt immer langweilig. Sicher, die Bucht ist nicht ganz so Bilderbuch aber durchaus schön. Es ist mäßig voll („Ende der Saison“ mein neues Lieblingswort) mit vielen indischen Touristen. Das heißt auch, das Essen ist wieder knallheiß und auf die einheimische Weise scharf. Und man darf einfach dem einlullenden Sound der Wellen zuhören, weil sich niemand bemüßigt fühlt, einen mit guter Laune Musik zu beglücken.
Da nicht ganz so geschützt gelegen wie PAAAALLLOOOOOLLLEMMMM BEACH ist das Wasser zwar genauso unglaublich warm, aber die Wellen sind nicht ganz ohne. Überhaupt schon ganz schön viel Abenteuer für mich: im Ozean schwimmen, ohne Chlor, ohne Kacheln und die Beckenränder sind auch recht weit gefasst. Aber ich konnte nichts ergooglen über Haie oder Würfelquallen, noch nicht mal im Werbeprospekt für touristisches Hochseeangeln. Da versuche ich einfach meine überschäumende Phantasie bezüglich Seeungeheuern zu zügeln, plansch, plansch.
Hier haben wir uns nun derart entschleunigt, dass wir die nächsten Reiseziele schlicht canceln. Freundlicher Weise bekommen wir auf die zweite Woche noch Rabatt zum Superschnäppchenpreis …
Einfach mal stulle Badeurlaub am Meer. Thomas liest quatschige Abenteuerromane, die hier wer vergessen hat, und ich, …..achja, da war doch noch was…. Ich hatte meinen Laptop nicht ganz umsonst 1.500 Kilometer weit mitgeschleppt. Denn ich fülle die örtliche Idylle auf mit (geplanter) Online-Arbeit, die für Deutschland von hier aus noch zu erledigen ist. So richtig Jetset am Sandstrand. Arbeiten, wo andere Urlaub machen.