Es ist kaum zu glauben, hier sitzen wir nun wieder am Flughafen und die Zeit ist schon um. Da sagen wir also Tschüss zu Tharangambadi und der Crew aus dem Ziegenbalg House Museum.
Und ich verabschiede mich natürlich ganz besonders herzlich von Violett. Das erste Mal in meinem künstlerischen Leben habe ich den Sinn des Sujets Portraitmalerei verstanden.
Violett verabschiedet sich wohl etwas schweren Herzens von ihrem Portrait, da ich es wieder mitnehme.
Die Tamilische Zeitung verabschiedet die Ausstellung mit einem letzten Artikel.
Ich verabschiede mich von vier Bildern. Es fällt mir nicht ganz leicht, aber hier erfüllen sie auf jeden Fall den richtigen Zweck. Drei bleiben im Ziegenbalg House…
….und ein Bild hab‘ ich der Mädchenschule vorbei gebracht, wo es einfach hingehört.
Wir sagen Bye Bye an die Kleinen und die Großen…
Halt die Ohren steif, Mona Darling!
See you soon, Asma ! Bald hier in Halle hoffentlich….
…alles Gepäck zusammengesammelt in Tiruvanamalai und Tranquebar….
mit dem ganzen Plunder hätten wir uns nie im Bus belastet. Fazit 3.500 Kilometer indischer ÖPNV
Und kaum das man sich versieht, fliegen wir schon auf und davon…..
… und da sind wir auch schon wieder Daheim!
PS: Zeitsprung, Jetlag, Temperatursturz, Leberwurstbemme und Federbett. Mein Gott, ist das leer hier! Und wo sind denn die ganzen Kühe geblieben?
Es ist ein beliebter Volkssport vieler Leute, sich draußen vorm Haus oder auf dem Balkon stundenlang die Zähne zu putzen und dabei dem Treiben vor der Haustür zuzugucken. Lustig.
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Im Prinzip findet man zwar überall kleine Tempel an der Straße, im Vergleich zum christlichen Kontext könnte man es wohl auch „Kapellen“ nennen, allerdings scheint es eine besondere Spezialität von Tamil Nadu, diese nicht als Gebäude oder Nischen sondern als Figurengruppen auszubilden. Manchmal sind sie sogar haushoch. Meine Lieblingsfigur, eine weiße Kuh, die irgendwo in der Landschaft etwas anbetet, ist wohl leider der neuen Autobahn zum Opfer gefallen. Sehr schade.
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Es gibt so großartige Fernsehprogramme hier, z. B. durchgehend Nachrichten. Ich verstehe zwar verbal nichts, aber man kann zwei Dinge gut erkennen: Wie kulturübergreifend Wichtigkeit durch mediale Bildstrategien erzeugt wird und die kulturell geprägte Variante, wie hier Glaubwürdigkeit vermittelt wird, zum Beispiel durch „Zeugschaft“. D.h. in der Regel sitzt dann ein berichtender Augenzeuge auf einem ausgedienten Ledersofa und spricht. Von ebenso großer Bedeutung sind die schweigenden Begleiter, welche als feste Inszenierungsbestandteile rechts und links neben den Zeugen mit auf´s Sofa gequetscht werden.
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Noch leichter zu verstehen sind die Familien-Soaps, weil alles Comic-mäßig mit einem Geräusch unterlegt ist. Zum Beispiel ein lautmalerisches, schepperndes „Bing“ oder „Going“ für den emotionalen Gesichtsausdruck „!?“. Da braucht man wirklich gar keinen Text mehr und die Schwiegermutter ist sowieso immer schuld.
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Sehr gerne schaue ich auch Werbung. Eine kulturvergleichende Kostprobe: Oma hat Rückenschmerzen. Enkel ist aus statistischen Gründen anwesend. Opa überrascht beide mit der neusten Schmerzsalbe. In einem deutschen Werbespot würde die sensationelle Wirksamkeit unterstrichen, indem Oma und Opa dann Tennis spielen. Und was machen Oma und Opa Indien? Sie fahren mit dem Moped eine sandige Schlaglochliste lang, reißen die Arme hoch und fühlen sich wieder jung! Super!
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Aber das allerbeste sind die reinen Musiksender mit alten Videos und Filmsequenzen in Dauerschleife. Geil!
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Ich habe mir ein schönes indisches Kleid gekauft. Aber irgendwie sehe ich darin aus wie ein bunter Sack.
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Exotische Gerichte
(Knochenloser Fisch mit Schiffen)
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3 Ladys im Bus
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Instagram, Tiktok und Co sind wohl nur für Indien erfunden worden. An jeder Ecke wird gepost und gepostet. Treffen sich 3 Jungs und ein Smartphone an der Kreuzung, wird gleich ein Fotoshooting veranstaltet, als wäre es ne Boyband. Und eitel sind die Bubies. So richtige Schönis. Nach der Hochzeit vollzieht sich dann eine wundersame Verwandlung. Bei den Vatis mit Schnauzbart kann man sich kaum noch vorstellen, dass die mal so niedliche Kerlchen waren. Aber die Mädels sind auch ganz gut mit sich selbst beschäftigt. Indien scheint ein einziger digitaler Heiratsmarkt.
Manche unserer Hotels dienen auch als Kulisse für das Hochzeitsfotoalbum. Da wird stundenlang alles aufgeboten wie im Bollywood Film. Und alle 10 Minuten haben die zukünftigen Brautleute andere Klamotten an und werden mit neuen, total kitschigen Dekorationsartikeln ausgestattet. Beeindruckend!
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Es gibt diese Momente, wo ich mir sehr gut ausmalen kann, dass die Laufbahn eines höheren britischen Verwaltungsbeamten in irgendeiner indischen Provinzhafenstadt eher einer Strafversetzung gleich kam oder wie es gottesfürchtige Missionare in Malaria verseuchten Ecken erbärmlich jung und jämmerlich dahingerafft hat. Schaurig.
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Kuh beim Einkaufen
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Es gibt hier eine putzige Vorliebe dafür, wichtige Persönlichkeiten in Form von golden angestrichenen Pappmaché Statuen aufzustellen, Gandhi zum Beispiel. Das wäre glatt ein Thema für ein eigenes Kunstprojekt.
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Nirgends habe ich so fette Hunde gesehen wie in Agonda Beach.
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Ich bin kein ausgewiesener Kuchenzahn, aber schon aus Prinzip versuche ich mich an den ortsüblichen Naschereien aller Art – wenn ich sie denn als solche erkenne. Manches Naschwerk gleicht kleinen Kunstwerken, aber die Geschmacksrichtungen bleiben rätselhaft. Anderes sieht banal aus, ist aber verblüffend lecker. Nicht alles ist hochpotenzierter Zucker.
Die drei seltsamsten Dinger waren: Mürbeteig-Teilchen in der geballten Geschmacksrichtung Butterschmalz. In einem rein indischen 5 Sterne Hotel ohne europäische Konzessionen gibt es mit Blattgold dekorierte Schnittchen 1 x 1 x 2 cm groß, Konsistenz und Aussehen lassen Marzipan vermuten, aber die Geschmacksnerven sagen „ganz alter Ziegenkäse in Zuckerkonzentrat“. An irgendeiner Bushaltestelle kaufe ich einen tennisballgroßen „gepressten Feinstaub aus Kardamom mit Unternote Fischmehl“. Boahhhhh, das waren wieder Experimente hier. Wirklich Gnade vor meinem Gaumen findet nur das persische Konfekt.
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Hier bewirbt man Shampoo mit „long and strong“, oder auch sehr schön, „richtig sauber“ und die Zauberformel beinhaltet fermentiertes Reiswasser. Wowwwww, na dann muss das doch wirken!
Ich fasse es nicht. In Deutschland steht gerade der Postbote mit dem ersten Paket vor meiner Haustür und ich bin noch in Indien. Da kann er lange klingeln. Und der deutsche Zoll hat nicht gemerkt. Jetzt erklär mir das mal einer! Aber man soll den Tag nicht vor dem Abend loben. Das zweite Paket ist langsamer und gerade erst am Flughafen DE gelandet…
Da der indische Zoll meine Pakete jedoch auch bei der Ausreise nochmal öffnen musste, hoffe ich, sie haben es diesmal nicht wieder so wahllos zusammengepfeffert, wie bei der Einreise.
Im Großen und Ganzen würde ich aber sagen, ja, man kann Kunst tatsächlich per Post um die Welt schicken.
… für alle, die bisher den kritischen Beitrag vermisst haben.
Während der ersten nächtlichen Fahrt vom Flughafen Chennai in unser superduper 5 Sterne Hotel stellten wir mit einigem Staunen fest, dass Chennai viel sauberer aussieht als wir es in Erinnerung hatten. Es war irgendwann nach 1 Uhr nachts und an allen Straßenecken war die Stadtreinigung am Werke. Als wir 2019 Indien verließen, lief eine große Campagne zum Verbot von Einwegplastik. Oh! Also entweder da hat sich mächtig was getan in der Zwischenzeit oder unser ausgesprochen komfortables Hotel liegt einfach in der Upperclass Site of the City.
Ist nun der Müll signifikant reduziert oder der Schock beim zweiten Besuch nicht mehr so frapierend? Je weiter wir herum fahren, desto heterogener wird das Bild. Der Vermüllungsfaktor bleibt auswärts eher hoch, wobei ich überhaupt kein System ausmachen kann. Mal sind die kleinen Dörfchen und Orte sauberer als die Städte, dann wieder umgekehrt. Und obwohl man doch meinen könnte, der Hinduismus hätte so eine Tier und Natur verbundene Komponente, sehen gerade die Flusslandschaften zwischen den Orten oft mächtig verschandelt aus.
In Pondi ist es sehr aufgeräumt, es fehlen sogar die Tiere. Aber es gibt immer noch diese spezielle Kreuzung mitten im Zentrum, wo sich diverse offene Abwasserkanäle treffen. Würg. In Chitradurga, was uns ja eigentlich ganz gut gefallen hat, stolpern wir direkt hinterm Gemüsemarkt in so eine Seitenstraße, die auf mehreren Metern als etablierte öffentliche Toiletten dient. Die Oberhärte in dieser Rubrik war jedoch ein Busbahnhof auf dem Weg nach Hampi. Obwohl es dort öffentliche Toiletten gab, finden es die meisten Leute praktischer, die den Bahnhofseingang flankierenden Mauern als Urinale zu verwenden. Hauptsache es wird nicht geraucht.
Aber zunehmend fallen einem die Schilder und Wandbilder der Campagne „Mission Clean India“ ins Auge. Manche werben für’s Aufräumen. Andere drohen mit durchaus empfindlichen Bußgeldern. Ich lese mich ein bisschen schlau. Inklusive Vorgängercampagne läuft das Projekt seit 2009. Der erste Teil des Programms bestand darin, Toiletten zu bauen. Die Angaben schwanken stark mit bis zu 90 Mio Toiletten in 10 Jahren. Auf einer staatlichen Seite kann man den Bau im Sekundentakt mitzählen.
Der rückwärtige Ortsteil von z. B. Palolem Beach sieht wirklich schlimm aus. Es wundert mich um so mehr, dass das Meer so sauber aussieht. Andernorts ist es genau umgedreht, die Straßen fein gefegt, aber am Strand läuft ein Langzeitexperiment: Wenn das Meer den Müll nur lange genug klein wäscht, gibt es statt ordinärem Sand vielleicht eines Tages Granulat in Regenbogenfarben? Dass das Einwegplastik wirklich verschwunden wäre, kann ich nicht feststellen. Aber das ist in Deutschland ja nicht anders. Es ist schwer einzuschätzen, wie erfolgreich die Campagne ist, da ich das Ausgangsniveau nicht kenne.
Es ist aber auch ein echtes Problem, seinen Müll loszuwerden. Da geht es uns auf Reisen nicht besser als den Ortsansässigen. Es gibt kaum Mülleimer. Am Ende helfen wir unseren Müll auch bloß den Hotels über. Ich lese etwas von „kleinteiligen Entsorgungsstrukturen“, das heißt im Wesentlichen, arme Leute sammeln den irgendwie noch verwertbaren Teil am Straßenrand auf. Manchmal sieht man Müllautos, immer verblüffend klein für die Größe des Problems, die ganz gezielt bei einer Adresse den Plunder einsacken, keinesfalls in der ganzen Straße. Flaschen und Verpackungen werden auch gerne noch einfach aus dem Busfenster gepfeffert. In irgendeiner Kleinstadt auf der Durchfahrt sehen wir an der Bushaltestelle Mülltrennung in 3 Rubriken – eine echte Sensation!
Die etabliertes Methode häuslicher Müllentsorgung ist wohl nach wie vor Verbrennen. Dabei kommt es zum absurden Zusammentreffen indischer und deutscher Weltsichten. Wie gelegentlich erwähnt, hat man in Indien ein bigottes Verhältnis zum Rauchen und jenseits der Touri-Metropolen ist Rauchen auf der Straße sehr verpönt. Wir verstecken uns dann in irgendeiner dieser ranzigen Ecke oder Seitenstraßen, ganz brav mit unserem Reiseaschenbecher natürlich. Reiseaschenbecher – „typisch deutsch“ belustigen sich die Leute in den besseren Fällen. In Hubali stehen wir etwas abseits vor unserem Hotel, ein paar Meter weiter verläuft ein ausgetrockneter Kanal, wo jedermann seinen Müll entsorgt. Dort brennt und qualmt es lichterloh. Aber das beunruhigt die Passanten wenig. Stattdessen werfen uns Vorbeieilende immer wieder Blicke zu, als würden wir hier nackt auf der Straße stehen und obszöne Dinge veranstalten. Ein älterer Herr fasst sich ein Herz und spricht uns an: Wir können doch nicht schamlos in der Öffentlichkeit rauchen! Nicht zu fassen, da stehen wir auf einer vermüllten Straße und das Ambiente stört keinen. Aber öffentlich Rauchen, das geht nun wirklich gar nicht!
Auf dem Schulhof der Grundschule in Palolem machen die Kinder groß Reine
…und so sieht es direkt gegenüber der Schule aus…
Mission Clean India wird wohl noch eine Generation brauchen bis die Schulkinder groß sind und vielleicht `ne Idee haben, wie es besser geht. Dabei gibt es im Alltag eigentlich tolle Vollbio-Lösungen, die ich sehr sympatisch finde. Und diese sind noch nicht mal neu. Zum Beispiel Essen im Bananenblatt verpacken, das kann man dann getrost auf der Straße entsorgen, denn es findet sich immer eine Kuh oder Ziege, die es wegmampft. Das nenne ich mal Kreislaufwirtschaft. Es wäre also gar nicht zielführend, die Viecherchen wegzusperren…
In der Zwischenzeit hat sich in Tharangambadi wieder einiges getan. Es gibt, frei übersetzt, mehrere neue „Futterstellen“. An der Strandpromenade gibt es endlich Gobi ’65: ein in irgendeiner roten Gewürzmischung frittierter Blumenkohl. Ein echter Zugewinn aus meiner Perspektive! In der „Hauptstraße“, quasi der Einkaufsmeile des Dorfes, hat ein Stand aufgemacht, der grob zerhacktes Hühnchen in ähnlicher Frittierweise verkauft – was für Thomas. Weil ich echt kein Biriyani mehr sehen kann, haben wir mittags kurzerhand beschlossen, das nigelnagelneue Fischrestaurant zu besuchen, wo wir schon mal davor standen. Dazu muss ich sagen, dass „Restaurant“ hier nicht ganz das ist, was man sich in Deutschland darunter vorstellt. Immerhin, man kann sich an einen Tisch setzen und wird bedient. Man braucht jedoch ein gewisses Gottvertrauen, wenn es um Fisch geht. Todesmutig sprach ich zu Thomas: „Es ist erst Mittag, der Fisch vom Hafen kann also erst ein paar Stunden alt sein. Und zudem können es sich die Leute hier im Dorf nicht leisten mit so einem neuen Schuppen ihre Mitdörfler zu vergiften.“ Also rein da. Enkel hat bedient, Oma hat abkassiert. Ich vermute, Mutti hat gekocht. Es gab Fisch-Talli. „Talli“ heißt im Wesentlichen Mittagessen und hat überall ein ähnliches Prinzip, egal ob vegetarisch, mit Fleisch oder eben mit Fisch: Auf einem Bananenblatt gibt es ein halbe Tonne Reis und dann mehrere kleine Beilagen und Soßen. In diesem Fall eine Art indischen Bohnensalat, ein Chutney aus sauren Beeren, wie immer irgendwas mit Linsen, zwei frittierte Heringe und Soße mit gekochten Sardinien – Thomas und ich konnten uns nicht einigen, ob es nun Hering oder Sardinen waren. In der ortsansässigen Darreichungsform würde das deutsche Hygieneamt sofort durchdrehen und ich glaube, ein indisches Restaurant in Deutschland bekäme es auch unter größter Beteuerung absoluter Authentizität schwer an den Mann oder die Frau….
Am Abend habe ich dann fürchterlich gereihert, aber da es Thomas bombig ging, war es womöglich nicht der Fisch, sondern mal wieder ein Sonnenstich.
Abendbrot im neuen Restaurant
Nach dem ich einem Tag Diät aus Bananen und Kohlentabletten eingelegt hatte, waren wir am Folgeabend im neuen Restaurant an der Ortseingangsstraße. Dazu muss ich noch unbedingt erwähnen, dass wir uns im Prinzip so gut wie gar nicht mit den Leuten hier vor Ort verständigen können. Wir erfragen Gerichte, die wir kennen. Die gibt es nicht. Aus den uns gemachten Gegenvorschlägen werden wir nur mäßig schlau. Am Ende stellt man uns irgendwas vor die Nase. Einen Teil erkennen wir wieder, vom Rest versuchen wir dazuzulernen. Diesmal gab es Chapati, Dosa, Kichererbsencurry, irgendwas mit Linsen, Kokosnuss Chutney und irgendein scharfes Zeug, was meiner Meinung nach verdammt nach Papaya aussah und auch so schmeckte. Ich revidiere meine Meinung über Papaya – in dieser scharfen Version durchaus in Ordnung.
Man kann in Indien auch wirklich nicht verhungern, selbst für kleines Geld. Zwei Mittagessen zusammen 200 Rupien, das sind nach tagesaktuellem Kurs 1,10 Euro pro Nase. Und dafür kriegt man im übrigen auch noch ohne Ende Nachschlag, wenn man will. Vor allem Reis. Mir ist unklar, wo die Leute diese Unmengen Reis hinfuttern. Außerhalb von Tharangambadi ist die Preisskala für Essen natürlich nach oben offen, wenn man will. Allerdings gibt es in der Regel soviel zu Essen, daß Thomas und ich uns geeinigt haben, nur ein Gericht zu bestellen, weil man damit oft 2 bis 3 Leute satt kriegen würde. Und da geht es nicht ums Sparen, ich mag halt kein Essen wegwerfen. Umgedreht denken die Leute hier aber scheinbar, wir würden irgendeine komische Diät machen. Das sind wohl die kleinen interkulturellen Unterschiede. Während man bei uns als guter Gast sein Tellerchen ratzeputze leer futtert, ist man wohl hier ein guter Gastgeber, wenn viel übrig bleibt, sonst gilt man womöglich als knauserig. Die südindische Version von „Wie geht’s?“ heißt übrigens „Hast Du schon gegessen?“. Das musste ich erst mal begreifen. Man tut den Leuten einen Gefallen, wenn man dann einfach antwortet mit „Ja, ich hatte schon Frühstück/ Mittag/ Abendbrot“, so wie man bei uns auch behauptet, es ginge einem gut, statt all seine tagesaktuellen Mimosen mitzuteilen…
Idli, unverzichtbar beim indischen Frühstück
Noch ein kurzer Abstecher zum süd indischen Frühstück. Kein Haushalt kommt hier aus ohne Dosas oder Idlis und in den Hotels kriegt man meistens beides. Der Grundteig ist der gleiche, wobei die Anleitung doch sehr variiert je nach Köchin, wie der Teig hergestellt wird. Im Wesentlichen werden weiße Linsen und Reis getrennt gekocht, zusammengeschüttet und wenigstens eine Nacht fermentiert. Daraus entstehen dann zwei grundverschiedene Dinge. Idli habe ich bei meiner ersten Reise 2019 echt gehasst. In der Konsistenz vielleicht noch vergleichbar mit Hefeklößen, aber vollkommen salzfrei und auch nicht süß. Und das obligatorische Kokosnuss Chutney schmeckt hier nicht die Bohne nach Kokos (die Kokosnüsse übrigens auch nicht). Asmas Köchin hat mich jedoch eines besseren belehrt. Es gibt Idli auch in lecker. Ich glaube, Asma konnte sich nicht so anfreunden mit meiner Abänderung einfach Orangenmarmelade drauf zu schmieren…. Das war womöglich ähnlich befremdlich als würde man sich Bockwürstchen über den deutschen Grießbrei raspeln. Aber am besten schmecken Idli, wenn sie Vada heißen und frittiert werden. Das geht aber auch nicht jeden Morgen auf leeren Magen.
Dosas in geil, auch Hauptbestandteil des indischen Frühstücks
Dosas, wie bereits gesagt sind aus dem gleichen Teig, in der Bandbreite ihrer Zubereitungsweisen am besten vergleichbar mit der europäischen Bandbreite von Crepes, Pancakes, Palatschinken, Eierkuchen, Kaiserschmarrn und so fort. Im Grundsatz alles da gleiche, fällt aber völlig verschieden aus. Dosas hauchdünn und total knusprig find ich geil.
Im Großen und Ganzen habe ich mich auf unserer zweiten Reise mit dem südindischen Frühstück ausgesöhnt. Einmal ist mir sogar der süße Brei in essbarer Version über den Weg gelaufen. Aber wo immer sich die Chance bietet, nehme ich doch lieber das nordindische Frühstück, zum Beispiel Aloo Paratha mit Joghurt und Chilipickels, oder, mit besonderen Grüßen an Jule, Puri mit Kartoffelcurry. Und was genau das nun wieder ist, könnt ihr Euch doch selber googeln. Gibt bestimmt einen Haufen Food Blogs, die das ausführlich erklären.
Gestern waren wir mal nobel aus, Essen im Luxus-Resort ein paar Meter weiter. Dieser kapitale Zackenbarsch, ich schwöre, es ist kein Seemannsgarn, war mindestens 60 cm lang. Und das kleine Häppchen Filet auf dem Foto waren schon gut 150 g. Bisher hatte ich mich etwas zurück gehalten mit Fisch essen, was mir wirklich schwer fällt am Meer. Aber es gibt diese einfache Regel, mit der man sich Probleme vom Hals hält: Immer erstmal den ganzen Fisch sehen mit Kopf und Augen. Der Zackenbarsch sah prächtig aus und ein wirklich befähigter Maître de Cuisine hat ihn perfekt filetiert und meisterhaft gegrillt.
Was Fisch betrifft bin ich Purist. Pfeffer, Salz, Limette, ausnahmsweise keine indischen Gewürze und kein Schnickschnack. Die Chichi-Grillkartoffel hab‘ ich noch versucht abzubestellen – Grillkartoffel habe ich noch nie verstanden – aber in Indien denken die Leute immer, man würde verhungern, wenn man auf Beilagen verzichtet.
Was soll ich sagen: Ein Traum!
Der Chefkoch sprach von Rockfisch. Das habe ich dann heute gegoogelt… Und das hätte ich nicht machen sollen! Die Dinger werden bis zu 1,50 m lang. Und dann diese Weltrekord-Angler mit den mehr als mannshohen Monsterbarschen. Und das schwimmt hier rum? „Bevorzugt in felsigen Küstengewässern“, sagt das Fischkundelexiqkon, schluck, ….
Vor dem täglichen Badevergnügen inspiziere ich heute ausgiebig und argwöhnisch das Meer. „Rockfisch, die unterschätzte Gefahr“, „Riesenbarsche, Schrecken der Strandpromenaden“, „Die Rache des Monsterbarsch“, „Der Killerbarsch schlägt zurück“, „Big Fish – die Abrechnung mit oder ohne Trinkgeld“ und so weiter, die neuen Blockbuster im Spielberg-Format, wenn nicht im Cinema-3D, so doch im Kopfkino, auweiaaaa…
Ich hatte mich anfänglich ja verweigert. Was will ich in Goa? Vom Hören-Sagen hatte ich ein eingefleischtes Vorurteil: jungsches Partyvolk auf Tritt und Schritt, an allen Ecken hängengebliebene Althippies auf astraler Sinnsuche, Magic Mushrooms (aus dem Alter bin ich auch raus) …. Aber Thomas hat darauf bestanden: Genug mit Kultur. Er will jetzt Strand. Aber gerne doch mein Schatz, flöt, flöt, flöt, nun also Strand.
Goa ist für mich nun das Pradadebeispiel dafür, wie Menschen aneinander vorbeireden und sich falsche Vorstellungen aus den Erzählungen anderer machen können.
Gokarna
Wir sind also die Westküste hochgetingelt. Unser erster Tipp diverser indischer Freunde hieß Gokarna, übrigens noch im Bundesstaat Karnataka gelegen. Ruhig, entspannt, leer, stressfrei etc. und überhaupt viel besser als Goa. Gokarna Beach, ein paar Hotelresorts an einem langgestreckten Sandstrand, war auch relativ ruhig was die Anzahl der Touristen betraf. Weniger ruhig waren die Bars der Resorts, denn kaum hatte man sich hingepflanzt, musste auch schon jemand die (Über)Schallanlage bedienen, Musikstil Radio Jump und immer schön laut. Ich werde wohl alt. Abends flüchten wir in eine kleine indische Bar, Küche heute kalt, es gibt: Tee oder Bier – Ende der Durchsage. Aber hier läuft in erträglicher Lautstärke Indisch-Bollywood im Wechsel mit Sixtees Hippiekram. Viel erträglicher für meine Ohren. Mach doch gleich mal lauter den Donovan! In der Bar geben uns ein paar Inder Einschätzungen zu unseren nächsten Reisezielen. Palolem Beach: Super! Agonda: langweilig. Aber so recht beschaulich finde ich es in Gokarna nicht. Eine aus dem letzten Jahrtausend hängengebliebene Junkibraut schleicht ums Gelände und am Strand finde ich Spritzen. Eihjei, bedient genau mein Vorurteil.
Palolem Beach
Wir setzen also weiter vor nach Palolem Beach, ca. 40 Km nordwärts. P-A-L-O-L-E-M klingt genauso verheißungsvoll wie es tatsächlich auch aussieht. Eine blödsinnig idyllisch gelegene Bucht, gelber Sand unter Kokospalmen, ein paar dekorativ ins Wasser eingestreute Felsen nebst einer postkartenmäßig in der kleinen Bucht platzierten Insel, türkisgrünes Wasser mit 29,5 Grad Badewannentemperatur (ohje und ich habe meinen deutschen Winterbadeanzug Modell „Spitzbergen“ dabei), passabler Wellengang, niedliche kleine Strandbungalows auf Stelzen säumen das Badeparadies. Zu 100 % wie man sich den Bilderbuchurlaub aus dem Reisebürokatalog vorstellt. Ich werfe sofort alle meine Vorbehalte gegenüber Touristenhotspots über Bord – Scheiß egal! Hier kann man den ganzen Tag auf´s Meer glotzen, wenn man nicht gerade darin herumplanscht. Tollllllllllll……..
Ein Finne besäuft sich schon mittags wegen kosmischem Ereignis höherer Art: Beim Stand-up-Paddeln hat ihn ein Delfin begleitet. Verzückte Bleichgesichter machen freiwillig Frühsport am Strand, hier sagt man Yoga dazu. Und „Animateur“ heißt auf indisch wohl Guru (oder vielleicht heißt es auch nur „Sportgruppenleiter“).
Unsere Bleibe liegt etwas rückwärtig nicht direkt am Wasser, was aber nicht stört, da man so auch der musikalischen Beschallung entkommt. Abends am Strand bei Kerzenschein kann man nämlich die pluralistische Theorie der Gleichzeitigkeit diverser Wirklichkeiten von jedem Standpunkt (bzw. Sitzplatz) aus erfahren. Das musikalische Angebot ist breit gefächert, für jeden Geschmack was dabei, nur haben sich die Bars nicht abgesprochen, wer seine Musik wann am lautesten aufdrehen darf. Potpourri erhält hier eine erweiterte Bedeutung.
Ein kleines Haar gibt es aber schon in der Suppe. Ich bekritel ein bisschen die Kost, welche sehr auf die 99% westlichen Touristen abgestellt ist, also überhaupt nicht scharf. Und das rächt sich auch umgehend. Ich möchte hier nicht weiter in die plastischen Beschreibungen eines Hypochonders auf Reisen einsteigen. Mein Fazit ist jedoch, dass die vielleicht weniger vertrauenswürdig erscheinenden Straßenküchen der vorherigen Wochen keinerlei Probleme dieser Art verursacht haben.
Bob Ross macht hier übrigens auch Urlaub. Auf unserem Weg zum Strand queren wir jeden Tag das Art-Resort. Hier kann man unter fachkundiger Begleitung seiner Kreativität freien Lauf lassen, malen, töpfern, basteln. Selbst Makramee wird hier vor dem Aussterben bewahrt bis zu dessen Anerkennung als immateriellem Weltkulturerbe. Und wenn das eigene Talent nicht reicht, kann man sich was Schönes für die heimische Kunstsammlung kaufen. Ich krieg‘ hier „so meine Momente“.
Bisher haben wir immer geschwankt zwischen Vorbuchen von Hotels oder nicht. Mal waren die vorgebuchten Hotels vor Ort billiger als im Netz, und dann wieder andersherum, nicht vorgebucht und die Leute wollten plötzlich viel mehr Geld. Wie man´s macht, macht man’s falsch. Im Gro entscheiden wir uns gegen Vorbuchen. Denn manchmal sehen die Zimmer im Netz spitze aus, aber in Wirklichkeit möchte man dann doch nicht dort wohnen. Fast schon sprichwörtlich geworden, um nicht zu sagen „legendär“, ist das Hotel „Mirage“ (Fata Morgana) zu Beginn in Pondi – die wohl runtergekommenste Hütte, die wir in Pondi je bezogen haben (und dafür noch nicht mal besonders billig). Aber Agonda hatten wir nun mal vorgebucht: 1 Woche Superschnäppchenpreis direkt mit Bungalow am Strand, und so verlassen wir PAAAAALLLLOOOOLEMMMM BEACH etwas schweren Herzens. Wer weiß, was uns am nächsten Strand erwartet?
Agonda
„Langweilig“ wie unsere indischen Kurzzeitfreunde meinten. Wenn das langweilig ist, will ich jetzt immer langweilig. Sicher, die Bucht ist nicht ganz so Bilderbuch aber durchaus schön. Es ist mäßig voll („Ende der Saison“ mein neues Lieblingswort) mit vielen indischen Touristen. Das heißt auch, das Essen ist wieder knallheiß und auf die einheimische Weise scharf. Und man darf einfach dem einlullenden Sound der Wellen zuhören, weil sich niemand bemüßigt fühlt, einen mit guter Laune Musik zu beglücken.
Da nicht ganz so geschützt gelegen wie PAAAALLLOOOOOLLLEMMMM BEACH ist das Wasser zwar genauso unglaublich warm, aber die Wellen sind nicht ganz ohne. Überhaupt schon ganz schön viel Abenteuer für mich: im Ozean schwimmen, ohne Chlor, ohne Kacheln und die Beckenränder sind auch recht weit gefasst. Aber ich konnte nichts ergooglen über Haie oder Würfelquallen, noch nicht mal im Werbeprospekt für touristisches Hochseeangeln. Da versuche ich einfach meine überschäumende Phantasie bezüglich Seeungeheuern zu zügeln, plansch, plansch.
Hier haben wir uns nun derart entschleunigt, dass wir die nächsten Reiseziele schlicht canceln. Freundlicher Weise bekommen wir auf die zweite Woche noch Rabatt zum Superschnäppchenpreis …
Einfach mal stulle Badeurlaub am Meer. Thomas liest quatschige Abenteuerromane, die hier wer vergessen hat, und ich, …..achja, da war doch noch was…. Ich hatte meinen Laptop nicht ganz umsonst 1.500 Kilometer weit mitgeschleppt. Denn ich fülle die örtliche Idylle auf mit (geplanter) Online-Arbeit, die für Deutschland von hier aus noch zu erledigen ist. So richtig Jetset am Sandstrand. Arbeiten, wo andere Urlaub machen.
Reisewäsche. Kochend heißes Wasser mit Kernseife, wird zwar nach 4 Wochen nicht mehr sauber, ist aber zuverlässig desinfiziert.
Ich ahne, warum die Leute hier knallbunte Klamotten in augenverwirrenden Mustern tragen. Hat eigentlich schon jemand die Theorie aufgestellt, daß der Niedergang des Ornaments in Deutschland ursächlich auf unsere Hygienebewegungen des frühen 20. Jahrhunderts zurück zu führen sein könnte? Mir scheint, die geblümte Kittelschürze ist der Stoff gewordene Beweis für diese Hypothese. Schließlich trägt man diese zum Putzen, also vermutlich auch nur, damit man nicht gleich jeden Fleck sieht.
Drei Getränke stehen bei dieser Reise besonders hoch im Kurs. Lemon Soda sweet and salty (Sprudel, Limettensaft, Zucker, Salz) ist das perfekte isotonische Getränk, wenn man sich wieder mal kaputt geschwitzt hat. Ich bin mir übrigens nicht einig, ob das Klima diesmal wirklich erträglicher ist oder nicht.
Cold Coffee, einfacher geht es eigentlich nicht: Kalter Kaffee, Vollmilch (die mir hier einen höheren Fettgehalt zu haben scheint), Eiswürfel und dann alles einmal durch den Mixer gejagt. In der indischen Version natürlich mit extra viel Zucker. Das schlägt jede Eiscreme und restauriert die Laune umgehend, wenn’s mal wieder anstrengend war.
Und Lassi geht natürlich immer. Wenn schon keine Mangosaison ist, tut’s auch Ananas….. Leider war es mir nicht möglich ein volles Glas Ananas-Lassi in freier Wildbahn zu fotografieren. Die verflüchtigen sich immer so schnell.
Lassi leer
Verschwiegen habe ich an dieser Stelle die medizinischen Anwendungen, wie beispielsweise die altbekannten Kolonialbrause, diese Mischung aus Alkohol, Chinin und Wacholder, die gegen Malaria genauso gut hilft wie bei Magenverstimmung… Und gegen größere Verdauungsprobleme setzen wir auf Rum-Cola, präventiv wie kurativ.
Wir haben nun Halbzeit und in der Zwischenzeit 1.500 Kilometer mit dem ordinären Überlandbus zurück gelegt, einmal quer rüber von der Ost- zur Westküste. Zeit mal ein Loblied auf die indischen Busbetriebe zu singen.
Unsere indischen Bekanntschaften haben sich durchweg befleißigt, uns bequemere Reiseoptionen anzuempfehlen, wenigstens den A/C- oder Overnightbus, den Zug, vielleicht doch einen Fahrer. Aber wir fahren konsequent Bus, immer tagsüber mit dem was am Busbahnhof zu haben ist. Kein Vorbuchen, einfach reinspringen und los, Sightseeing inbegriffen, Fahrtwind statt Klimaanlage. Auf diese Weise reist man nahe an der tagtäglich Wirklichkeit mit den ganz normalen Leuten. Es sind alle sehr freundlich und überaus hilfsbereit. Im Bus sehen wir gelegentlich auch die Ladyboys (Aravani), die hier ein ritualisiertes Auftreten haben, um sehr bestimmt nach Geld zu fragen (sagen wir mal besser verlangen). Dann gibt man ihnen was und sie segnen einen mit einem kessen Zwinkern…
Südindien scheint ein einziges großes Infrastrukturprojekt. Überall wo wir langkommen werden Autobahnen durch die Landschaft gemetert. Und kleine Käffer, deren Hauptstraßen in 2019 noch Sandpisten waren, sind jetzt planiert und befestigt. Indien wächst, das ist kaum zu übersehen. Für deutsche Verhältnisse unvorstellbar sind die Straßenzüge halbierter, abgeschnittener Häuser, weil der Platz für die neue Straße gebraucht wird. Wo die Straßen schon fertig sind, kommen wir ungeahnt flott voran. Auf den Schotterpisten der „Baustellen in Betrieb“ umso langsamer. Die durchschnittliche Reisegeschwindigkeit bleibt also mehr oder weniger gleich. Unsere indischen Freunde auf Zeit belustigen sich wohl etwas hinter unserem Rücken, dass wir uns das freiwillig antun.
Busfahrplan, Bangalore, Terminal 1
Ob es im eigentlichen Sinne einen Fahrplan gibt, haben wir bis heute nicht rausgefunden mit Ausnahme von Bangalore. Allerdings gibt es dort 5 „Terminals“, jeder so groß wie ein Zentralbusbahnhof in einer kleineren Stadt und mit jeweils 16 Haltestellen – ein Abenteuer für sich. Manchmal haben wir Glück und es gibt englische Beschriftungen, aber in der Regel fragen wir uns durch. Mittlerweile haben wir auch begriffen, dass es eine Auskunft gibt auf nahezu jedem Busbahnhof. Man darf auch nicht denken, dass dabei viel auf Englisch liefe. Wir sprechen radebrechen die Ortsnamen aus, wo wir hin wollen und dann zeigt wer mit dem Finger auf den richtigen Bus. Klappt immer. Kaum ist man eingestiegen, geht’s auch schon los. Naja, fast los. Der Bus hält nämlich bis zum Ausgang des Busbahnhofs noch alle 5 Meter, weil irgendwer zusteigt, und dann nach dem Bahnhof, weil Leute wieder austeigen, die jetzt erst raffen, dass sie im falschen Bus sitzen…. Aber das System funktioniert auch andersherum. Man kann die Busfahrer nämlich auch bitten, irgendwo außerplanmäßig zu stoppen, damit man dort aussteigen kann. Unterwegs treffen wir einen Typen aus Delhi. Der hat sich maßlos aufgeregt über das südindische System der „frei wählbaren Haltestellen“, weil man im ländlichen Raum ggf. zwar im Expressbus sitzt, dieser am Ende aber doch an jeder Milchkanne hält.
Eines schönen Sonntags war der Bus vollgestopft mit fein rausgeputzten Großfamilien. Viele hatten wohl so eine Art Monatskarte oder ggf. auch einen staatlichen Freifahrtschein. Soweit habe ich es im Detail nicht durchblickt. Verstanden habe ich jedoch, dass diese Art von Fahrkarte nicht zulässig war für diesen „besseren“ Bus. Was auch immer diesen Bus als „besser“ ausgewiesen hat, wußte einzig die Schaffnerin, die nahezu jeden Fahrgast angemeckert hat, lamentierte, debattierte und unter viel Murren schlußendlich aufgab. Es musste also keiner aussteigen, sonst wär‘ der Bus auch leer gewesen.
Die verwegenste Version unseren Bus zu erreichen haben wir jedoch bereits am Anfang erlebt, auf dem Weg von Chennai nach Pondichery. Erst haben Thomas und ich dem armen Stefan ausgeredet, einen durchgehenden A/C-Bus vorzubuchen. Ist alles gaaarrrr keinnnnnn Problem! Wir lassen uns vom Tucktuck zur Central Bus Station fahren, da geht alle 15 Minuten ein Bus nach Pondi. Diese Rechnung hatten wir jedoch ohne die Tucktuck-Fahrer gemacht. Um an uns ein besseres Geschäft zu machen, beschwatzten uns die zwei Männer, uns zu einer anderen Haltestelle stadtauswärts zu fahren (kürzere Strecke), wo die Busse nach Pondichery auch halten würden. Pustekuchen. Als der Busfahrer unser riesen Gepäck gesehen hat, ist er einfach schnell weitergefahren. Die zwei Tucktuck-Fahrer haben sich zunächst in einer halsbrecherischen aber aussichtlosen Verfolgungsjagt mit dem Bus versucht. Irgendwo haben die zwei dann doch einen haltenden Bus abgegriffen, der nach Pondi ging und sich rotzfrech vor den Bus geparkt. Diesmal hatte der Busfahrer keine Chance zu entkommen! Alles Gepäck umständlichst verladen und los. Na bitte, geht doch!