Wieder auf meiner Rückreise übernachte ich in Chennai im Cholamandal Artist‘s Village — ein Künstlerdorf, das im Jahr 1966 von K.C.S. Paniker, einem indischen Künstler und Leiter der Kunsthochschule Chennai gegründet wurde
Am Morgen treffe ich mich mit Jasmin, Vinoth und Thilip in einem Bistro für Waffeln und Crêpes. Sind wir gestern noch durch abgelegene Dörfer gefahren, bestellen wir heute unser Frühstück mit Hilfe eines Tablets und senden die Bestellung zu der etwa einen Meter entfernten Küche über das Internet.
Gut gesättigt fahren wir im klimatisierten indischen SUV der Marke „Mahindra“ durch ein endloses Labyrinth aus sich kreuzenden und überschneidenden Straßen. Menschen, Farben, Schriften. Ein Rausch für meine Sinne. Wie betäubt steige ich aus dem Auto und besuche mit den anderen das Eisenbahnmuseum.
In der brütenden Mittagshitze laufen wir auf der Suche nach dem Wohnhaus des Künstlerpaares Benitha Perciyal und Prasanna Kumar durch eng verwinkelte Gassen eines Viertels der indischen Unterschicht. Schnell verliere ich die Orientierung. Dank Jasmin und Vinoth können wir auf Tamilisch einen Rikschafahrer heranwinken, der uns wenig später vor dem Wohnhaus der in Indien und international bekannten Künstler absetzt. In einem historischen Fahrstuhl fahren wir zur dritten Etage des Hauses und werden freundlich von den beiden empfangen. Ihre Wohnung scheint sich in einer anderen Welt zu befinden. Alle Einrichtungsgegenstände strömen eine große Erhabenheit und Ruhe aus. Während Benitha mit dem Essen beschäftigt ist, unterhalte ich mich lange mit ihrem Mann, der als professioneller Fotograf arbeitet. Wir verstehen uns exzellent und präsentieren uns gegenseitig unsere Arbeiten. Nach dem köstlichen Essen zeigt mir Benitha, die eine erfolgreiche Bildhauerin ist, ihre Werke. Beeindruckt von den beiden verabschieden wir uns am frühen Abend und fahren mit den Auto in den zähen Rush-Hour-Verkehr hinein.
Stunden später fahren wir im sintflutartigen Regen durch die von Werbeschildern erleuchteten Straßen. Abstrakte Reflexionen auf dem nassen Asphalt. Wieder werden meine Sinne von überbordenden Eindrücke überflutet. Nach einer endlosen Fahrt setzen mich Vinoth und Thilip vor der Abflughalle ab und wir verabschieden uns herzlich.
Bei der Ausreise zeige ich dem Beamten entspannt meinen Reisepass und das Flugticket.
Irgendetwas scheint nicht zu stimmen, denn er fordert mich auf, ihn zu begleiten. Wenige Minuten später sitze ich im Büro des Hauptgrenzbeamten. Misstrauisch notiert der Beamte meine Antworten auf seine Fragen. Plötzlich klingelt sein Telefon. Während seines langen Gesprächs suche ich in meinen Gedanken nach dem Grund für meine Befragung. Danach verlässt er sein Büro, ohne mir zusagen, wann er wiederkommt. Ist das eine Strategie? Eine Kamera im Raum zeichnet zwischenzeitlich alles auf. Bei meinem Blick auf die Uhr fällt mir auf, dass mir noch ein wenig Zeit bis zum Abflug bleibt. Aber was, wenn ich den Flug verpasse? In Gedanken gehe ich meine Handlungsoptionen durch.
Nach einer Ewigkeit erscheint der Beamte wieder im Büro. Währenddessen habe ich mich bei Jasmin Eppert gemeldet und sie über meine Situation informiert. Wieder stellt mir der Beamte die gleichen Fragen. „Haben sie hier illegal gearbeitet?“, „Wo haben sie gelebt?“, „Wer hat ihre Reise finanziert?“. Mit gelingt es, den Beamten zu überzeugen direkt mit Jasmin Eppert zu telefonieren. Danach ist das Problem geklärt! Im Anschluss erklärte mir der Mann, dass mein Aufenthalt vom Hotel in Tharangambadi polizeilich nicht gemeldet wurde.
Mit großer Erleichterung passiere ich den Sicherheits-Check, gönne mir einen „indischen Hamburger“ und steige abgekämpft in das Flugzeug nach Frankfurt ein.
Tagebucheintrag, Donnerstag 07.11.2019
Auf dem ehemaligen Paradeplatz suche ich nach Schatten, um eine Zeichnung der Dänischen Festung anzufertigen. In der Nähe des Meeres höre ich die beruhigende Brandung und genieße die frische Brise von der See. Der Boden ist übersät mit Hinterlassenschaften von Ziegen und
Kühen. Im Schatten der Bäume ruhen wilde Hunde. Während ich meine Zeichnung beginne, sind tausende von kleinen Ameisen damit beschäftigt, einen riesigen Käfer zu zerlegen und abzutransportieren. Träge von der Hitze, lasse ich mir viel Zeit beim Zeichnen.
Ich beobachte, wie Jugendliche Social-Media-Fotos im Schatten der Bäume anfertigen. Zufällig kommen wir ins Gespräch und ich erfahre, dass einer von ihnen professionelle Fotografien anfertigen kann. Wir tauschen unsere Instagramkontakte aus und verabreden uns zu einem möglichen Fotoshooting.
Der sich im Schatten eines Baumes niedergelassene Bettler genehmigt sich ein Frühstück. Neben mir bemerkt dies auch eine schlaue Hündin. Winselnd steht sie minutenlang vor dem Mann. Mit großen Augen und hungrigem Magen bettelt die Hündin ohne Unterlass.
Minuten später bekommt sie die Reste vom Frühstück auf den Boden geworfen, aber die anderen Hunde um sie herum reagieren schneller und schnappen ihr das Essen weg. Währenddessen genehmigt sich der Bettler eine Zigarre und schleppt sich mühselig an seinen Holzstock geklammert zum Eingang der Dänischen Festung.
In der brütenden Mittagshitze laufe ich die Queens Street bis zur Kings Street entlang. Ein Bus für die Verkehrserziehung, der von außen vollständig mit Illustrationen beklebt ist, steht direkt vor der TELC -Schule. Mit einer Trillerpfeife werden die Schülergruppen von den Lehrern zur Räson gebracht. Beim Vorbeilaufen erkennen mich einige von ihnen wieder und winken mir grüßend zu.
Meine Arbeit an der am Vormittag begonnenen Zeichnung eines Hauses setze ich fort, während eine Kuh neben mir am Wegesrand grast und eine große Ziegenherde vorbei läuft. Bald entdecken mich auch die ersten Kinder und stehen neugierig um mich herum. Erwachsene und Passanten werden ebenfalls aufmerksam. Dazu zählt auch der eloquente Präsident des „Lionsclub“, der nach eigener Auskunft gleich um die Ecke wohnt. Fast vorwurfsvoll fragt er, warum ich sein Haus noch nicht gezeichnet habe, und lächelt mich dabei an.
Später besucht er mich erneut und bietet mir zur Stärkung Tee an. Dabei beschreibt er mir ausführlich die spezielle Wirkung seines Krafttees.
Mit dem Ruf des Muezzins beende ich meine Zeichnung. Als ich den Ort in Richtung Stadttor verlasse, treffe ich auf einen Strom von Schulkindern, der aus den unterschiedlichsten Schulgebäuden kommt. Einige der Kinder kennen mich bereits. Freundlich lächelnd rufen sie mir „Stefan!“ oder „Drawing master!“ zu.
Im „Danish Shop“ fertige ich nochmals Kopien von meinen Zeichnung an und trinke bei Ganeshan einen Kaffee. Jetzt heißt es schnell sein, denn ich habe eine Verabredung!
Kurz darauf stehe ich mit Vinoth direkt vor dem Haus von Farhana, dem jungen Mädchen, das sich so sehr eine Zeichnung gewünscht hatte. Durch lautes Rufen machen wir uns bemerkbar, denn eine Klingel gibt es hier nicht. Eine verschleierte Frau kommt zu uns, und wir erklären unser Anliegen. „Farhana!“. Mit einem Lächeln kommt das 8-jährige Mädchen die Treppe herunter und begrüßt uns aufgeregt. Freudig nimmt sie die Zeichnung an. Wir unterhalten uns auf der Veranda, und Ihre Mutter und Tanten stehen interessiert daneben.
Tagebucheintrag, Dienstag 04.11.2019
Unter einem riesigen Wasserturm bei der Dänischen Festung entdecke ich kleine Hütten, die aus geflochtenen Palmblättern angefertigt sind. Davor putzt sich ein kleines Mädchen in ihrer Schuluniform die Zähne. Ein paar Schritte weiter versucht eine alte Frau, mit trockenen Zweigen ein Feuer zu entfachen. Hinter einem alten, verwunschenen Friedhof entdecke ich ein katholisches Mädcheninternat. Durch das halb geöffnete Tor sehe ich Schulkinder auf dem Boden kniend Yogaübungen durchführen.
Versehentlich zertrete ich eine kleine Raupe, die verletzlich vor mir auf dem Weg kriecht. Ich sehe mir dieses kleine Geschöpf genauer an. Plötzlich umschwirren mich dutzende Schmetterlinge. Geburt, Leben, Sterben, Wiedergeburt – ein ewiger Kreislauf.
Vor Bhaskara Wohnhaus bemerken mich sofort ihre Kinder und kommen auf mich zu. Besonders ihr jüngster Sohn ist ein Energiebündel. Unentwegt löchert er mich mit Fragen und springt wie ein Gummiball vor mir hin und her. Als Kontrast sieht mir einer seiner Freunde kontemplativ und fasziniert beim Zeichnen zu. Erst nach mehrfachen Ermahnungen seiner laut rufenden Oma rennt er zum Schulbus, der bereits auf ihn wartet. Dabei vergisst er seine Schultasche, die er sich im Eiltempo bei mir abholt.
Wieder beobachte ich die Makaken. Nonnen versuchen, diese mit Lärm vom Mädcheninternat zu verscheuchen. Auf der Flucht hängen die kleinsten Affen am Bauch ihrer Mutter. Andere entdecken in der Nähe eine Bananenstaude und unternehmen akrobatische Versuche, um an die Früchte heranzukommen. Ein weiterer Affe ist damit beschäftigt, eine verschlossene Plastikdose zu öffnen.
„Muh! Muuh! Muuuh!“ Plötzlich steht eine große Kuh vor Bhaskara Haus. „This is my cow!“, ruft sie mir lächelnd zu und öffnet das Hoftor.
In der Mittagspause lese ich im Internet vom Smogalarm in der indischen Hauptstadt Neu-Delhi. Es heißt, der Grenzwert wäre um das 36-fache überstiegen. In den angrenzenden Bundesstaaten sollen Bauern ihre Felder abbrennen, um danach den Boden wieder neu zu bestellen. Dies sorgt für eine extreme Rauch- und Staubbelastung in der Luft. Vielleicht ist das auch ein Grund für den Smog und das Fehlen von Sonnenschein in den letzten Tagen?
Schnell laufe ich zum „Danish Shop“. Es müssen Kopien von meinen Zeichnungen für die Hausbewohner angefertigt werden. Auf den Mauerresten des Stadttores mache ich eine witzige Entdeckung. Eine große schwarze Ziege blickt mich aus zwei Metern von einem Torbogen aus an.
Zur Überbrückung der Wartezeit auf meine Kopien reicht mir Sultan einen Stuhl. Derweil geben die Schüler ihr Geld für Süßigkeiten aus.
Auf dem Rückweg besuche ich Dayana. Sie arbeitet im Ziegenbalghaus als Museumsführerin und half mir dort bei der Anfertigung von Drucken mit der historischen Druckerpresse. Gemeinsam sitzen wir in ihrem Wohnzimmer und der Ventilator rattert über unseren Köpfen. Um eine störungsfreie Tonaufnahme zu erhalten, schalten wir den „Propeller“ ab. Jetzt verstehe ich sie besser, werde aber von den lauernden Moskitos als „Festtagsbraten“ verspeist. Mitten im Gespräch erscheinen unvermittelt ihre Eltern. Dayanas Körpersprache ändert sich und ich frage sie, ob es ein Problem gibt. „Nein!“ Dann bekommen wir von ihrer Mutter Tee gereicht und ihr Vater setzt sich dazu. Jetzt führt er das Gespräch, und ich erfahre, dass er als Lehrer arbeitet. Mit juckenden Füßen schenke ich ihnen eine Kopie meiner Zeichnung von ihrem Haus und verabschiede mich herzlich von der Familie.
Tagebucheintrag, Samstag 26.10.2019
Geschützt, unter meinem roten Regenschirm, suche ich nach einem trocknen Platz zum Zeichnen. In der Goldsmith Street ist ein solcher Platz nicht zu finden. An einer Uferstraße laufe ich am tosenden Meer entlang. Dabei entdecke ich den kleinen Arulmigu Angalamman-Tempel. Durch das Gitter kann ich auf die bunt bemalten, lebensgroßen Götterfiguren sehen.
Am Meer setze ich meinen Weg fort und blicke erstaunt auf zahlreiche Ruinen von tamilischen Fischerhäusern, die nach dem Tsunami im Jahre 2004 bis auf die Grundmauern zerstört wurden. Ein trauriger, aber zugleich ein inspirierender Ort. Sofort habe ich die Idee, diese Gebäudereste mit Fragmenten meiner aktuellen Gebäudezeichnungen zu bemalen.
Unter riesigen Kokospalmen finde ich einen verlassenen Friedhof. Noch immer auf der Suche nach einem Ort, an dem ich im Trockenen zeichnen kann, laufe ich weiter an Ruinen von ehemaligen Fischerhäusern und an provisorisch aufgebauten Gebäuden vorbei.
Auf der Queens Street entdecke ich die überdachte Terrasse eines Rohbaus mit einem perfekten Ausblick auf ein Eckhaus. Hier kann ich bleiben! Während ich die ersten Striche auf das Papier setze, lärmt von einem brachliegenden, zugewucherten Grundstück eine Kettensäge.
Inzwischen regt sich im Rohbau etwas Leben. Ein kleines Mädchen kommt zu mir, begrüßt mich freundlich und schaut mir zu. Hinter uns beobachten die Oma und ihre Mutter.
Laut rufend läuft die alte Fischverkäuferin trotz des Regens wieder mit einer großen Aluminiumschüssel auf dem Kopf vorbei. Plötzlich erscheint erneut das kleine Mädchen und zeigt mir lächelnd ein zerfleddertes Schulheft und Filzstifte. Mit ihrem roten Kleid mit weißen Punkten setzt sie sich auf die staubigen Treppenstufen in meine Nähe. Absichtlich hält sie ihr Schulheft so, dass ich nicht sehen kann, was sie zeichnet. Über einen langen Zeitraum zeichnet das Mädchen konzentriert.
Ein Motorrad hält plötzlich vor mir, und ein Fischer steigt mit schmutzverkrusteten aufgedunsenen Händen und Füßen ab. Es scheint, als käme er direkt von seinem Fischerboot. Neugierig sieht er mir kurz über die Schulter und begrüßt mich dann mit einem kräftigen Handschlag. Er öffnet vor mir einen Beutel und ich sehe auf dutzende kleine silberne Fische.
Ein verfallenes Gebäude, das ebenfalls durch den Tsunami zerstört wurde, ist am Nachmittag das Motiv für meine nächste Zeichnung. Von Passanten erfahre ich, dass es einst als Einrichtung für die Ausbildung von Lehrern diente. An die Mauer der Zionskirche gelehnt,
sitze ich direkt auf der Queens Street. Diese Kirche wurde für die dänische Bevölkerung als die erste protestantische Kirche in Indien im Jahre 1701 erbaut.
Auf das rege Treiben aufmerksam geworden, erfahre ich, dass in diesen Tagen das hinduistische Lichterfest „Diwali“ gefeiert wird. Dabei handelt es sich um ein mehrtägiges Fest.Während des Zeichnens lerne ich viele Studenten, Schüler und Arbeiter kennen, die anlässlich der Feiertage ihre Familien in Tharangambadi besuchen. Ich komme durch die vielen Gespräche minutenlang nicht zum Zeichnen. Wieder entstehen zahlreiche Selfies. Einige der Besucher schenken mir zum Abschied Knabbergebäck und Süßigkeiten.
Tagebucheintrag, Dienstag 22.10.2019
Endlich wieder Sonnenschein! Bei „milden“ 30 Grad im Schatten laufe ich auf der Queens Street entlang. Wie in einem Märchenfilm schwirren hunderte von Libellen um mich herum. Spontan biege ich in die Naghuda Street ab und entdecke ein fliederfarbenes Haus, das mich auf den ersten Blick durch seine Bemalung an einen Kindergarten erinnert. Durch die Regenzeit hat sich die Anzahl der Moskitos vervielfacht. Die Konzentration auf meine Zeichnung fällt mir schwer. Ständig sehe ich die Blutsauger im Augenwinkel, die mich sogar durch die Bekleidung hindurch stechen. Direkt in der Sonne verschwinden die Moskitos, aber dafür bekomme ich schnell einen Sonnenbrand. Auf ihren täglichen Routen sind auch heute die Straßenhändler unterwegs: die Fischverkäuferin, der Milchmann, der Elektroschrottsammler und ein Maniokverkäufer. Ebenso lerne ich wieder neue Passanten kennen. Die häufigsten Fragen sind: „Was machst du? Warum? Woher kommst du? Wie ist dein Name? Wie alt bist du? Bist du verheiratet?“.
Bei flirrender Mittagshitze laufe ich die Queens Street bis zum Buckinghan-Kanal entlang. Dieser ist an beiden Uferbereichen fast vollständig mit einem Müllteppich bedeckt. Weiter geht es auf der Queens Street. Ich entdecke ausgenommene Fische, die zum Trocknen auf dem Asphalt ausgelegt sind. Wahrscheinlich eine günstige Methode, den Fisch ohne Eis haltbar zu machen.
Vor dem Wohnhaus von Ganesan sitze ich entspannt im Schatten zweier Bäume und beginne mit der Zeichnung seines Hauses. Rasch bemerkt er meine Anwesenheit und stattet mir einen Besuch ab. Freundlich bietet er mir einen Tisch als Unterlage, Essen und Trinken an. Mit gefalteten Händen und einer angedeuteten Verbeugung bedanke ich mich bei ihm.
Die Farbgebung des Hauses von Ganesan könnte der Phantasie eines Kindes entstammen. Hauptsächlich besteht es aus den Farben pink, rosa, hellblau und dunkelblau. Davon inspiriert, erledigt sich meine Zeichnung praktisch wie von allein. Etwa zwei Stunden später kommt Ganesans erneutes Angebot eines Kaffees wie gerufen. Das heiße und zuckersüße Getränk genieße ich in vollen Zügen.
Auf dem Nachhauseweg fährt langsam ein Kleintransporter an mir vorbei. Ein junger Mann auf der Ladefläche wiederholt mit heiserer Stimme mantraartig sein Sonderangebot an frischen Äpfeln und Orangen.
Am Abend donnert und blitzt es am Himmel gewaltig. Um schnell zur Marktstraße zu gelangen, setzt sich Vinoth auf den Gepäckträger meines Fahrrades. Durch das doppelte Gewicht schwankend, fahren wir durch die unbeleuchteten Straßen. Im „Danish Shop“ angekommen, teilt uns die Angestellte mit, dass Sultan gerade beim Abendgebet sei. Freundlich bekommen wir zwei Hocker
angeboten und nehmen im Innenraum des Ladens dichtgedrängt zwischen Kisten, Stiften,
Papier, Süßigkeiten und anderen Verkaufsartikeln Platz.
Bald erscheint Sultan und langsam kommen wir ins Plaudern. Während es laut am Himmel donnert, unterhalten wir uns über seine Arbeit als Historiker und das Verhältnis zwischen den verschiedenen Religionen. Als Herausgeber und Autor der Stadtchronik von Tharangambadi ist er zur Zeit damit beschäftigt, die sechste Auflage vorzubereiten. Während unseres Gesprächs gibt er zu verstehen, dass er sich auf Fragen zum Zusammenleben und zu möglichen Konflikten zwischen den Religionen nicht äußern werde.
Kurze Zeit später fahren wir in Windeseile mit dem Fahrrad unter dem Getöse heftiger Windböen und Blitzen zurück.
Tagebucheintrag, Mittwoch 16.10.2019
Die Regenzeit ist da! Wie gestern morgen regnet es auch heute in Strömen. Ein Stromausfall komplettiert die schwierige Lage. Auf den nachlassenden Regen reagiere ich sofort und verlasse mit meinem Plastikstuhl die Unterkunft.
In der Goldsmith Street entdecke ich ein verfallenes, traditionelles tamilisches Wohnhaus. Da es gerade nicht regnet, stelle ich meinen Stuhl kühn mitten auf die Straße und beginne mit meiner Zeichnung. Das zusammengefallene Ziegeldach lässt den Blick auf die Dachkonstruktion aus Bambusstämmen und die Ziegelsteinwände frei. Auf Nachfrage erfahre ich, dass dieses Haus nach dem verheerenden Tsunami im Jahr 2004 von den Bewohnern verlassen wurde.
Auch ich verlasse jetzt fluchtartig meinen Platz, weil die ersten Regentropfen auf mein Papier
fallen. Glücklicherweise entdecke ich in der Nähe die überdachte Einfahrt eines Wohnhauses, das nach dem Tsunami gebaut wurde. Von hier kann ich entspannt und von einer guten Position aus zeichnen. Von Minute zu Minute wird der Regen intensiver und ich rutsche mit meinem Stuhl immer weiter in die Garage hinein. Trotz des heftigen Schauers läuft eine betagte Fischver-
käuferin unbeeindruckt auf dem Weg vorbei und preist laut rufend ihre Ware an.
Wie in einer Art Symbiose unterhalte ich mit meiner Anwesenheit die Bewohner des Hauses und erhalte dafür einen trockenen Platz zum Zeichnen. Dabei lerne ich auch den Nachbarn kennen, der aus Nepal stammt. Vor kurzer Zeit hat er sich ein Haus direkt am Meer gekauft, angstfrei vor einem weiteren Tsunami. Während unseres Gesprächs entdecke ich in der Nähe einen Pfau, der im Regen geschützt auf einem Blatt einer groß gewachsenen Kokospalme steht.
Auf dem Rückweg erkenne ich die Goldsmith Street nicht wieder. Die Straße hat sich jetzt zu einem „Goldsmith-Stausee“ verändert und ich stapfe vorsichtig durch knöcheltiefes Wasser.
Am Nachmittag laufe ich zum Masilamaniswarar Shiva-Tempel, um dort meine Zeichnung fortzusetzen. Ein Teil der Tempelanlage wurde im Jahre 1305 erbaut und ist bekannt für seine einzigartigen architektonischen Elemente. Nur wenige Tempel im Süden Indiens liegen wir er direkt an der Küste.
Wieder stehe ich vor dem geschlossenen Eisentor, aber diesmal ohne ein Vorhängeschloss. Ich überdenke meine Handlungsoptionen. Mein Drang, hier zu zeichnen, ist einfach zu stark. Von außen öffne ich den Verriegelungsbolzen, ziehe meine Schuhe aus und betrete mit klopfendem Herzen die Tempelanlage. Bevor ich mit meiner Arbeit beginne, versuche ich, den Tempelwächter um Erlaubnis zu bitten. Mein „Hello Sir“ weckt den auf dem gefliesten Boden neben den Hunden schlafenden Mann nicht auf. Erst nach einem erneuten Versuch, öffnet er seine Augen und ich erkläre mit Handzeichen mein Anliegen. Verschlafen gibt er mir seine Erlaubnis.
Während des Zeichnens genieße ich die entspannte Atmosphäre und vergesse die Aufregung
der letzten Tage. Durch die Luft schwirren große Schmetterlinge und Libellen. Aus der Ferne rauscht das Meer. Diese Traumwelt unterbrechen zwei freche Ziegen, die sich durch ein kleines Loch im Zaun gedrängt haben und nun hastig das saftige Gras auf einer Wiese fressen.
Die Tempelhunde zögern nicht lange und sorgen nach kurzer Zeit für Ordnung .
Durch einen plötzlichen Regenguss fliehe ich zur zentralen Pagode und setze mich zu den Hunden und dem Tempelwächter. Hier führe ich meine Arbeit fort.
Tagebucheintrag, Sonntag 06.10.2019
Am nächsten Tag wache ich früh auf. Trotz des fest auf mein Ohr gepressten Kopfkissens, höre ich laute tamilische Lieder, die aus Megaphonen schallen. Widerstand ist zwecklos! Eine Stunde später steigt die Lautstärke noch einmal an.
Ich stelle fest, dass der Gesang aus der Neu Jerusalemskirche herüberschallt. Der Gottesdienst wird live aus der Kirche übertragen. Mit einem aus dem Ziegenbalghaus geliehenen Plastikstuhl laufe ich zu einem auf der Kings Street abstellten Bus. Im Schatten sitzend und dem Gottesdienst über die Lautsprecher folgend, zeichne ich den Bus. So, wie auch an den anderen Tagen, erregt meine Anwesenheit ein großes öffentliches Interesse. Es entwickelt sich erneut ein kurzer Dialog mit den Passanten.
Die nächste Zeichnung beginne ich in der Nähe zu der einst von Bartholomäus
Ziegenbalg gegründeten Neu Jerusalemskirche. Während ich mich auf mein Motiv konzentriere, lerne ich einen älteren Mann kennen, der mich spontan zur Taufe seiner Tochter einlädt.
Während der ganzen Zeit in Reichweite eines Lautsprechers sitzend, brauchen meine Ohren jetzt Ruhe. Am historischen Stadttor finde ich vor dem Haupteingang des Harijan-Girls-
Hostel einen guten Platz im Schatten. Das Gebäude wirkt auf den ersten Blick wie eine Ruine.
Nach kurzer Zeit bemerke ich, mir aus den Fenstern zuwinkende Mädchen. Immer wieder rufen
sie „Hello“ und kichern dann einander zu. Neben mir sitzt ein korpulenter Mann mit einem
Achselshirt und verwickelt mich in ein Gespräch. Ununterbrochen kaut er Betelnüsse, die seine Zähne und das Zahnfleisch purpurrot färben.
Nach mehrmals lautem Muhen von drei wartenden Kühen, öffnet sich das graue Eingangstor vor dem Waisenhaus und es erscheint eine ältere Frau mit einem großen Plastikgefäß. Während ich die fressenden Kühe zeichne, beantworte ich die neugierigen Fragen der
Passanten.
Am Nachmittag setze ich mein Studium der „Halleschen Berichte“ fort. Wie auch bei Bartholomäus Ziegenbalg verändert sich meine Sichtweise auf die tamilische Kultur. Er selbst begann, sich die tamilische Sprache anzueignen, um ein tieferes Verständnis für die Menschen zu erlangen. Hieraus ziehe ich für mich den Schluss, nicht das eigene Weltbild zum Richtmaß der Dinge zu machen, sondern die Perspektive der Menschen, die hier leben, durch Gespräche sichtbar zu machen und mit meinen eigenen Wahrnehmungen zu spiegeln.
Der Abend endet so, wie er am Morgen begonnen hat. Neben lauten Böllerexplosionen höre ich läutende Glocken und Trompetenmusik. Auf Nachfrage erfahre ich, dass es sich um das Ende des hinduistischen Feiertags Navaratri, der einer Gottheit gewidmet ist, handelt,
Tagebucheintrag, Samstag 05.10.2019
J
Mit Jasmin Eppert mache ich einen Ausflug in die Stadt Thirukkadaiyur, um dort den bedeutenden Sri Amirthagateswarar Abhirami Tempel zu besuchen.
Bevor wir das Stadttor von Tharangambadi erreichen, laufen wir an der Zionskirche und an der Neu Jerusalemskirche vorbei. Ohne uns Aufmerksamkeit zu schenken, begegnen uns unterwegs Ziegen, Kühe und Hunde.
Am Ortsausgang von Tharangambadi befindet sich die geschäftige Marktstraße. Hier bieten die verschiedensten Händler, wie auf einer Perlenkette aufgereiht, ihre Waren und Dienstleistungen an. Das bunte Treiben wird durch das laute Hupen der Fahrzeuge, die sich über die mit Schlaglöchern durchfurchte Straße winden, begleitet. In Windeseile organisiert Jasmin eine preisgünstige Rikscha. Mit dem dreirädrigen Gefährt fahren wir im rasenden Tempo in
weniger als zehn Minuten nach Thirukkadaiyur.
Jasmin erklärt mir während der Fahrt, dass der Sri Amirthagateswarar Abhirami
Tempel eine besondere Bedeutung hat. Basierend auf einer Legende wird angenommen, dass ein Besuch im Tempel verheirateten Paaren oder ein Besuch zum sechzigsten, siebzigsten oder zum achtzigsten Geburtstag des Mannes eine lange Lebenszeit beschert. So finden sich täglich dutzende von Familien ein, um diesen besonderen Hochzeitstag mit einem hinduistischen Gottesdienst zu zelebrieren.
Barfuß durchlaufe ich das mit bunt bemalten Götterfiguren geschmückte Haupteingangstor des Tempels und betrachte die am Wegesrand sitzenden Händler, welche Opfergaben „to go“ sowie buntes Plastikspielzeug anbieten. Dazwischen sitzen Bettlerinnen, die mit leeren Aluminiumschüsseln in der ausgestreckten Hand um Almosen bitten.
Ich laufe erneut durch ein noch größeres Tor und betrete einen neuen Bereich des Tempels, der aus langen Säulengängen besteht. Überwältigt von der Farbigkeit der Ornamente und der Architektur, in Kombination mit der Lautstärke vieler Trommeln und Blasinstrumente
verspüre ich großes Interesse, hier zu zeichnen. Einer Familienprozession folgend, gehe ich durch ein drittes Tor und betrete mit ihnen einen großen Innenhof. Im prächtigen Gewand
stehen hier nebeneinander ein großer Elefant und eine Kuh. Die Familienprozession wirft den beiden Tieren zahlreiche Opfergaben zu.
Jetzt betrete ich eine große Halle mit einem monumentalen Säulengang in der Mitte.
An beiden Wandseiten entdecke ich viele kleine bunte Schreine mit Feuerstellen. In unterschiedlicher Anzahl sitzen Großfamilien davor. Priester leiten die Zeremonie, welche von ringsum stehenden Musikern, Fotografen und Kameramännern begleitet wird. Intensiv riecht es nach verbranntem Holz, Weihrauch und anderen Harzen. Alle meine Sinne werden gleichzeitig überflutet. Ich setze mich spontan auf den Boden und beginne, bunte Fragmente der umgebenden Schreine abzuzeichnen. Wie in Trance tauche ich, Fragment für Fragment, in diese Atmosphäre ein. Zeitweise stehen Personen, die mich beobachten und befragen, neben mir. Als ich die fertige Zeichnung präsentiere, wird sie mir aus der Hand gerissen und staunend in der Gruppe herumgereicht. Zerknittert erhalte ich sie zurück.
Auf der Rückfahrt beschließe ich, den Tempel erneut zu besuchen und mehrere großformatige Zeichnungen anzufertigen.
Tagebucheintrag, Freitag 04.10.2019
Ich beziehe für die nächsten Wochen ein kleines Zimmer mit Dusche in der Nähe des Museums.Früh am Morgen laufe ich bei tropischer Hitze zum Ziegenbalghaus. Durch ein großes Steinportal betrete ich den Hof der einst von Bartholomäus Ziegenbalg gegründeten Waisenhausschule, die einst für Mädchen und Jungen, heute ausschließlich als Jungsschule operiert. Auf dem sandigen Schulhof ist kein Schüler zu sehen.
Im Ziegenbalghaus entdecke ich bei einem Rundgang eine historische Hochdruckpresse, ähnlich wie sie zur Zeit von Bartholomäus Ziegenbalg für den Druck der von ihm ins Tamilische übersetzten Bibel genutzt wurde. Daneben befindet sich ein mannshoher Schrank, gefüllt mit tamilischen Holzlettern. Spontan frage ich Dayana, die Museumsführerin, ob ich die Presse einmal benutzen darf. Zufällig habe ich Zeichenpapier dabei.
Wenig später halte ich begeistert den ersten Druck in den Händen und beschließe, sofort weitere Papiere zu bedrucken, um diese anschließend mit Buntstiftzeichnungen zu versehen. Mit Überzeugungskraft erkläre ich Dayana, dass ich mit ihr gemeinsam experimentelle Drucke anfertigen möchte. Während die bedruckten Seiten trocknen, beginne ich unter den mächtigen weißen Säulen am Eingang des Ziegenbalghauses meine erste Zeichnung. Mein Motiv ist ein stark verfallenes Kirchengebäude, das laut Aussage der Direktorin nicht betreten werden darf.
Nach einer Mittagspause suche ich erneut das Museum auf. Der leere Schulhof ist nun mit Schülern in den verschiedensten Schuluniformen gefüllt. Meine Anwesenheit bleibt nur kurz unbeobachtet, denn schnell bin ich von vielen grüßenden und mich anlächelnden Kindern umgebenen.
Im Museum stelle ich fest, dass die Druckfarbe durch die hohe Luftfeuchtigkeit noch nicht getrocknet ist. So nehme ich mir aus dem Museum einen Stuhl und stelle diesen mitten auf den Hof. Wie eine Traube umlagern mich dutzende von Schulkindern. Einen kurzen Moment versuche ich, den Ansturm zu ignorieren und mich auf meine Zeichnung zu konzentrieren. Schnell gebe ich diesen Versuch auf. Die lachenden und scherzenden Kinder fragen mich neugierig auf Tamilisch, aber ich kann sie leider nicht verstehen. Mit Zeichensprache und ein wenig Englisch fordert mich einer der älteren Jungen auf, ihn zu zeichnen. In schnellen Strichen entsteht sein Portrait.
Das vernichtende Urteil der um mich herumstehenden Kinder lässt mich wissen, dass sie mit meiner Zeichnung nicht zufrieden sind. Selbstbewusst beginnt der Junge jetzt, ein Portrait von mir anzufertigen. Um mich herum rücken die Kinder noch näher und kommentieren lautstark kichernd und schubsend die entstehende Zeichnung.
Nassgeschwitzt verlasse ich den Schulhof und suche mir eine andere Stelle zum Zeichnen. In der flirrenden Hitze, auf dem Treppenabsatz eines Hauseingang, finde ich eine schattige Stelle. Beim Zeichnen der Häuserfassade begegne ich erneut zahlreichen Schulkindern, die auf dem Weg nach Hause neugierig neben mir stehen bleiben. Ein Straßenhund legt sich in meiner Nähe dazu, um auf dem Boden ein Schläfchen zu machen.
Am Abend zeichne ich am Strand bis zum Sonnenuntergang Figuren einer hinduistischen
Tempelanlage aus dem 14. Jahrhundert. Verschleierte muslimische Frauen baden hinter mir im Meer, wo die zurückkehrenden Fischerboote laut tuckern.
Tagebucheintrag, Donnerstag 03.10.2019
Am nächsten Morgen erwache ich in Chennai erschöpft aus einem traumlosen Schlaf. Bevor die Fahrt in das 270 Kilometer entfernte Tharangambadi beginnt, bleibt mir nicht viel Zeit. Rasch schiebe ich mir ein paar Datteln und Zwieback in den Mund. Schon ruft Jasmin Eppert: „Komm Stefan, der Fahrer ist da!“
Ein weißer Geländewagen, inklusive korpulentem Fahrer wartet bereits auf uns.
An der Stoßstange baumeln links und rechts schwarze Haarzöpfe. Auf meine Nachfrage erfahre ich, dass diese einst von Frauen geopfert und vom Fahrer in einem Hindutempel gekauft wurden. Sie sollen Fahrer und Auto Glück bringen. Angesichts des mir chaotisch erscheinenden Straßenverkehrs, hoffe ich auf deren Wirkung.
Unter ständigem Hupen verlassen wir Chennai in wilder Fahrt. Die waghalsigen Überholmanöver, teilweise auch in dritter Reihe, und die zahlreichen Eindrücke von Gebäuden, Menschen und Tieren rechts und links der Straße fordern meine ganze Aufmerksamkeit.
Eine Erschütterung und ein dumpfer Knall bremsen plötzlich die schnelle Fahrt unseres Autos. Der Fahrer teilt uns beiläufig mit, dass unser Auto gerade mit einen Hund kollidiert ist. Was für ein Glück, dass wenigstens uns nichts passiert ist und dass der Fahrer die Kontrolle über das Auto behalten hat.
Während einer Kaffeepause am Straßenrand erholen wir uns von dem Schreck. Ich beobachte, wie ein Tee-und Kaffeeverkäufer aus großer Höhe Milch in ein Glas mit Kaffeesud schüttet. Mit Zucker wiederholt er diese Prozedur mehrfach, bis sich eine schaumige Krone bildet.
In den nächsten beiden Stunden fahren wir an kleinen wie auf einer Perlenschnur aufgereihten Dörfern vorbei und erreichen Auroville. Auroville ist das spirituelle Zentrum von Menschen aus der ganzen Welt, die hier in einem Gemeinwesen zusammenleben. Beim europäischen Bäcker kaufen wir Schwarzbrot und in einem Supermarkt weitere Lebensmittel. Beide Läden gehören zum internationalen Dorf Aurovilles.
Im „eiskalt“ heruntergekühlten Auto fahren wir weiter durch den quirligen Verkehr in Richtung Puducherry, einer ehemaligen französischen Enklave. Der nächste Halt ist eine Papiermanufaktur. Nach deren Besuch erfrischen wir uns in der Hitze mit dem Wasser einer Kokosnuss, die wir bei einem Straßenhändler kaufen.
Danach beginnt der zweite Abschnitt unserer Reise nach Tharangambadi. Wieder kämpft sich unser tapferer Fahrer…laut hupend…Kilometer für Kilometer über die immer schmaler werdenden Landstraßen nach Süden durch.
„Bald kommt die Grenze!“, mahnt er uns. Wir verstecken unseren in Puducherry gekauften Alkohol. Den Polizei-Checkpoint des Stadtstaats Puducherry hinein zum Bundesstaat Tamil Nadu passieren wir ohne Kontrolle.
Aus dem Fenster sehe ich Reisfelder, Bananenplantagen und in immer größeren Abständen kleine Dörfer. Auf scheinbar verschlungenen Wegen erreichen wir am frühen Abend Tharangambadi. Wir fahren durch das historische Stadttor, das von den Resten der ehemaligen Stadtmauer umgeben ist.
Während die Sonne untergeht, erreichen wir direkt vor dem goldenen Denkmal von Bartholomäus Ziegenbalg unser Ziel, den Bungalow, der ehemaligen schwedische-lutherische Mission »Church of Sweden Mission«.